Film Open-Air-Kino: Gruseln wie in den 20er Jahren

Mit dem Stummfilm-Klassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ endet am Wochenende das Open-Air-Kino auf der Rennbahn.

Krefeld. Im Februar 1920 gab es die Premiere in Berlin — und einer der ersten Kritiker des Films war Kurt Tucholsky. Unter seinem Pseudonym Peter Panter schrieb der berühmte Journalist und Satiriker: „Dieser Film . . . ist etwas ganz Neues. (Er) spielt — endlich! endlich! — in einer völlig unwirklichen Traumwelt.“ Der Stummfilm-Klassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von Regisseur Robert Wiene bildet am kommenden Samstag und Sonntag den Abschluss und Höhepunkt der Open-Air-Kino-Reihe auf der Rennbahn. Die Niederrheinischen Sinfoniker werden den Film mit einer 2011 komponierten opernhaften Vertonung von Stéphane Fromageot live begleiten.

Ein Schlafwandler, der die Zukunft voraussagen kann, grausame Morde, ein hypnotisch-irrer Wissenschaftler, dämonische Doppelgänger — die Handlung und die Figuren des Films weisen zurück auf Schauermärchen der Romantik des 19. Jahrhunderts, aber das alleine erklärt seinen großen Erfolg beim Publikum und seinen bis heute andauernden Einfluss auf Filmschaffende kaum.

„Meines Wissens war dieser Film der erste, in dem alle Aufnahmen in gebauten Atelierdekorationen gedreht wurden“, schrieb der Filmarchitekt Hermann Warm, einer der Ausstatter des Films, und trifft damit aber auch noch nicht den Punkt. In Anlehnung an den Expressionismus in der Kunst waren alle Kulissen nämlich auch noch auf bizarre Weise bemalt. Das irreale Dekor mit seinen schrägen Linien, schiefen Wänden, geneigten Ebenen und aufgemalten Schatten verlieh der unheimlichen Geschichte optisch den passenden Anstrich.

In die Filmgeschichte ist „Das Cabinet des Dr. Caligari“ deshalb als stilprägender Höhepunkt des deutschen expressionistischen Films eingegangen. Bedeutend war wohl auch die Wirkung des Films auf das gerade erst entstehende Horror-Genre. In amerikanischen Filmen wie „Frankenstein“ (1931) oder „Dracula“ (1930) ist der Einfluss des deutschen Stummfilm-Klassikers deutlich wahrzunehmen.

Auch für den phantastischen Film ist „. . . Dr. Caligari“ eine bedeutende Inspirationsquelle bis in die heutige Zeit. In Filmen Tim Burtons etwa kann man seine Spuren finden, und Terry Gilliam nutzte „. . . Dr. Caligari“ als Vorlage für seinen Film „Das Kabinett des Doktor Parnassus“.

Selbst in der Welt der populären Rock-Musik trifft man auf die Ästhetik des deutschen Filmklassikers. Das Musikvideo zu ihrem Song „Otherside“ ließ die amerikanische Band Red Hot Chilli Peppers 2001 in irrealen Kulissen spielen, die der bizarren Bildwelt des Stummfilms nachempfunden sind.

Für den Regisseur Robert Wiene war „Das Cabinet des Dr. Caligari“ sein größter Erfolg. Die Nationalsozialisten aber stempelten seinen Film 1937 als „entartete Kunst“ ab, nachdem sie ihn schon 1933 verboten hatten. Wiene musste emigrieren und starb 1938 im Exil in Paris.