Oper: Unerfüllte Sehnsucht endet im jähen Tod
Das Stadttheater zeigt in einer opulenten Inszenierung Brittens „Tod in Venedig“.
<strong>Krefeld. Drei Worte - ein Todesurteil. "I love you" entfährt es ihm am Ende des ersten Aktes - zu spät. Zu spät hat der Dichter von Aschenbach erkannt, dass er am Knaben Tadzio mehr schätzt als nur die Schönheit, zu spät ereilt ihn auch die Erkenntnis, dass da überhaupt ein solches Verlangen in ihm sein kann. Unerreichbar bleibt Tadzio dem Dichter, umso weniger kann er von ihm lassen. Und so ereilt ihn der "Tod in Venedig" durch die Cholera, die er liebesversessen ignoriert. Thomas Manns Novelle (1912) wurde von Luchino Visconti verfilmt (1970), für Benjamin Britten ist es die letzte Oper (1973). In Krefeld hatte das Stück in der Regie von Andreas Baesler Premiere, Graham Jackson leitete die Niederrheinischen Sinfoniker. Die Oper war schon in Mönchengladbach zu sehen, Tenor Hans-Jürgen Schöpflin wurde für seine Gestaltung des Aschenbach gefeiert. Nun erkrankte er kurz vor der Krefelder Premiere.
Der Amerikaner Raymond Sepe hatte die schwierige Rolle im letzten Jahr im Theater Vorpommern gesungen und konnte als Ersatz kurzfristig gewonnen werden. Man muss den Hut vor Sepe ziehen, der die Partie mit permanenter Bühnenpräsenz innerhalb kurzer Zeit reaktivieren konnte.
Die Musik Brittens ist gemäßigt modern, setzt auf Anspielungsreichtum, viele Nuancen, weniger auf große Bögen. Das Motiv für Tadzio ist der Gamelan-Musik entlehnt, womit er als exotisch charakterisiert wird. Leider wirkt die Gestaltung durch den Tänzer Christian Speidel weniger anziehend, zu selbstgewiss eitel stolziert er über die Bühne.
Die Handlung ist auf die Perspektive Aschenbachs konzentriert, seine Partie inklusive vieler Rezitative ist deshalb so umfangreich, weil sie auch Reflektionen einschließt. Doch die führen den Dichter in die Irre. In der Sehnsuchtsstadt Venedig trifft er in Tadzios Gestalt, den er immer nur beobachten kann, auf sein Schicksal, doch den Weg dorthin weist ihm ein anderer.