Rastavati: Suche nach den eigenen Wurzeln
In ihrem Buch schreibt Jutta Weber vom Suchen und Finden ihres leiblichen Vaters.
Das war damals im benachbarten Meerbusch eine Sensation: „Ich war wohl das erste Mohrenbaby in diesem Krankenhaus“, erzählt Jutta Weber. Sie kam dort 1964 auf die Welt - Mutter deutsch, Vater unbekannt. 48 Jahre später machte sich die Ärztin, inzwischen selbst Mutter von vier Kindern, auf die Suche nach ihrem Vater. Ihre Erfahrungen damit hat sie in einem Buch niedergeschrieben: „Rastavati. Wie ich meine jamaikanischen Wurzeln fand“, erschienen in diesem Frühjahr im Rowohlt Verlag. Jutta Weber las jetzt daraus im „Anderen Buchladen“.
Da dies die letzte Lesung für dieses Jahr war, gaben die Veranstalter eine Runde Getränke in ihrem rappelvollen Laden aus. „Es war ein sehr spannendes Jahr“, sagte Jutta Weber, sie habe das Wort Jamaika noch nie so häufig gehört wie in diesem Jahr. „Jamaikaner sind besonders gut darin, alles unter einen Hut zu bringen“, bescheinigt sie der väterlichen Familie. Im ersten Teil ihres Buches geht es aber zunächst um das Familienleben mit ihrer Mutter, Stiefvater Hans und dem gemeinsamen Sohn der beiden. Die meisten Namen sind übrigens erfunden, aber die Umstände nicht. Stiefvater Hans war der stolze Besitzer des Lebensmittelladens in Meerbusch und erntete dafür die Bewunderung seiner Frau, des ganzen Dorfes und natürlich auch von „Juschilein“, wie ihre Mutter sie nannte. „Meine Mutter war sehr flippig“, sagte Jutta Weber, und daher wusste sie eben auch nicht, wer der Vater ihrer Tochter war. Die Hautfarbe allerdings „schränkte den Kreis der potenziellen Väter ein“.
Zunächst hatte die Mutter sich einen Indonesier ausgeguckt, der auch brav 50 Mark Alimente monatlich zahlte. Als er dann aber das Kind nach zwei Jahren in Augenschein nahm, war schnell klar, dass sie nicht seine Tochter sein konnte. Es folgte ein Prozess um die Vaterschaft. In diesen Akten — die sich übrigens im Gericht Krefeld befinden — steht der Name des leiblichen Vaters. Das erfuhr Jutta Weber aber erst Jahre später, als sie sich auf die Suche begab.
Ihr Stiefvater habe die Tatsache, dass sie eine andere Hautfarbe hatte, immer ausgeblendet: „Als er mich 21-jährig zum Studium nach Göttingen brachte, sagte er mir: ‚Du bist nicht meine leibliche Tochter’“, erinnert sie sich. Zuvor hatte Hans immer alle Fragen von sich gewiesen. Und als doch mal einer die Stirn hatte, antwortete er bloß: „Meine Frau hat in der Schwangerschaft zu viel Lakritze gegessen.“
Der zweite Teil des Buches berichtet von der jamaikanischen Familie. Davon erzählte Jutta Weber auf zahlreiche Fragen aus dem Publikum. Seit 2015 trifft die 48-Jährige die Familie ihres Vaters regelmäßig und ist froh über die Bereicherung des Lebens um den exotischen Zweig, der teils in London und teils in Kanada lebt.
Nachzulesen ist das alles in lockerem Plauderton bei Jutta Weber, „Rastavati. Wie ich meine jamaikanischen Wurzeln fand“, rororo 2017, 9,99 Euro.