Kultur Reise in die südamerikanische Musikwelt

Beim letzten Kammerkonzert der Saison stehen die Komponisten Villa-Lobos und Piazzolla auf dem Programm.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Für heißes, tropisches Ambiente kann das Glasfoyer des Theaters bekanntlich zu fast allen Jahreszeiten sorgen. Beim sechsten und letzten Kammerkonzert der Saison passte das Mikroklima bestens, denn „Harfe trifft . . . Südamerika“ lautete das Thema. Zwei Komponisten dieses Kontinents standen auf dem Programm: der Brasilianer Heitor Villa-Lobos (1887-1959) und der Argentinier Astor Piazzolla (1921-1992). Die Harfenistin Stella Farina gab eine kleine Einführung in das Programm. Doch das Konzert hatte noch mehr Vorbereitung für die Musikerin bedeutet, denn sie musste die Pequeña Suíte von Villa-Lobos erst einmal umschreiben, da sie im Original für Cello und Klavier komponiert worden war.

Das Südamerikanische kam in ihrer Variation sehr schön heraus. „Die Klänge aus dem dunklen Herzen Brasiliens“, so Farina in ihrer Moderation, verbinde man auch in der geographischen Distanz kaum mit einem Klavier. Diese Instrumentierung ist eben der Tatsache geschuldet, dass Villa-Lobos als der wichtigste brasilianische Komponist klassischer Musik gilt und dabei erwartungsgemäß stark vom europäischen Musikgeschehen geprägt wurde. Als Duo bringen Farina und ihr Partner am Cello, Raffaele Franchini, mit der kleinen (Pequeña) Suite stimmungsvolle musikalische Miniaturen. Verträumt und melancholisch erklingt ihre Interpretation der Romancetta, bei der das Cello wunderbar den Ton angibt.

Beschwingt tänzerisch geht es im Dreiviertel-Takt durch den Satz Legendaria. Eher traurig folgen die „Harmonias soltas“, und im kontrastreichen Wechsel geht es mit Tempo und recht verspielt durch das Fugato. Zart und leise lassen die beiden die „Melodia“ durch den Raum schweben. Ihr Spiel der kleinen Suite beweist, dass diese Instrumentenkombination die richtige ist, nuancenreich bringen sie südamerikanische Atmosphäre.

Beim nächsten Stück, der „Histoire du tango“ von Astor Piazzolla (Bearb. Fabrice Pierre), kommt die Flötistin Sylvie Ansorge hinzu. Ein klingendes Geschichtsbuch wird aufgeschlagen, in dem wichtige Epochen aus der Entwicklung des Tangos geschildert werden. Der erste Satz „Bordel 1900“ steckt voller Lebensfreude; aber der Satz macht auch schon deutlich, dass hier Geschichten, Stimmungen wieder gegeben werden und es sich nicht um eine Folge von tanzbaren Tangos handelt.

Mit dem „Café 1930“ wird man nicht an einen Ort des Plauderns oder lauter Gespräche versetzt, sondern eher in eine Ecke des Cafés, wo sich ein Liebespaar zum Rendezvous trifft. Zärtliche Dialoge zwischen den Instrumenten lassen daran keinen Zweifel; das einfühlsame Zusammenspiel wird zum Hörgenuss.

Mit Villa-Lobos’ „Quinteto instrumental“ vergrößert sich das Ensemble auf der kleinen Bühne um Chisato Yamamoto (Violine) und Natascha Krumik (Viola) zum Quintett. Stimmungsbilder mit brasilianischer Note stecken hinter den Sätzen mit ihren klassischen Bezeichnungen wie Allegro oder Lento.

Als temperamentvoller wie gefühlvoll bis leidenschaftlicher Abschluss folgt „Le grand tango“ von Astor Piazzolla (Bearb. Fabrice Pierre). Die nötigen tiefen Klänge steuert nun noch Holger Saßmannshaus mit seinem Kontrabass bei.

Eine rundherum gelungene wie genussvolle Reise in die südamerikanische Musikwelt, ohne die europäische gänzlich aus dem Blick zu verlieren, so wie es auch musikalisch vorgegeben war. Ein wunderschöner Saisonabschluss.