Schätze aus dem Magazin: Ein Becher schützt vor Vergiftung
Im Museum Burg Linn gibt es gläserne Schalen und Kannen aus spätrömischer Zeit. Entdeckt wurden diese im Gräberfeld Gellep.
Krefeld. „Glück und Glas, wie leicht bricht das“ sagt der Volksmund. Umso erstaunlicher, wie viel Glas aus den römischen und fränkischen Zeiten in den Gelleper Gräbern erhalten ist. Aus dem berühmten Fürstengrab (Nummer 1782) etwa stammt eine Schale aus kräftigem, blassgrünem Glas.
Sie wurde im 4. Jahrhundert hergestellt und ist mit eingeschliffenen figürlichen Ornamenten verziert. Ein Mann mit Zweigen in der Hand — vielleicht von einem Olivenbaum oder einer Palme — steht neben einer Säule. Das Motiv kommt auf der Schale viermal vor und ist bis heute nicht endgültig gedeutet worden.
Direkt daneben fand man eine zerborstene gläserne Kanne. Sie wurde aus zahlreichen Einzelteilen wieder zusammengesetzt. Beide Stücke wurden als spätrömische Glasarbeiten eingeordnet, die wahrscheinlich aus einer Kölner Manufaktur stammen. Damit sind sie, und das ist das Erstaunliche, 200 Jahre älter als die übrigen Funde aus dem Fürstengrab.
Die Franken beherrschten die Kunst des Glasschleifens nicht, wohl aber die des Glasblasens. Auch die beiden gläsernen Beigaben im Fürstengrab bezeugen den Rang und Stand des Herren von Gellep. Die ehemalige Leiterin des Archäologischen Museums Burg Linn, Renate Pirling, weiß eine Geschichte aus den Zeiten des ehemaligen Leiters Albert Steeger zu berichten.
Jener fand 1937 einen vollständig erhaltenen Rüsselbecher im Grab Nummer 43. Er packte ihn in einen Schuhkarton, befestigte diesen auf seinem Fahrrad und radelte damit zu seinem Stammtisch, um den Fund vorzuzeigen. Die Aktion glückte.
Renate Pirling sagt: „Das ist der schönste Rüsselbecher, den es überhaupt gibt.“ In einem ihrer Aufsätze von 1986 mit dem Titel „Römer und Franken in Krefeld-Gellep“ schreibt sie über das Stück aus fränkischer Herstellung: „Es war nicht nur schwierig, einen Rüsselbecher herzustellen, es war auch nicht ganz einfach, daraus zu trinken.“
Sehr einfach war hingegen das Trinken aus den so genannten Sturzbechern, die ebenso von fränkischen Handwerkern stammen. Ein Sturzbecher ist ein Gefäß, das erst ganz geleert werden muss, bevor man es abstellen kann. Das bedeutet sozusagen Trinken nach dem Motto Ex und Hopp.
Man vermutet, dass diese Form deswegen so gerne verwendet wurde, weil man mit dem Austrinken auf einen Zug die heimliche und heimtückische Zugabe von Gift in ein herumstehendes Glas vermeiden konnte.
Dieses Exemplar stammt aus dem Magazin des archäologischen Museums. In vielen Gräbern wurden gläserne Beigaben gefunden, zahlreiche mussten von den Restauratoren erst wieder zusammengesetzt werden.
Schöne Beispiele dazu in sanften Farbabstufungen und ganz verschiedenen Formen sind natürlich auch in der Dauerausstellung des Museums zu sehen.