Opern-Doppelabend Spielzeiteröffnung: Theater begeistert mit ungewöhnlicher Kombination
Die Spielzeiteröffnung hat die Messlatte mit dem Opern-Doppelabend „Gianni Schicchi“ und „Cavalleria rusticana“ hoch gelegt.
Krefeld. Eine schwarzweiße Tragödie trifft auf eine quietschbunte Komödie. Mit der ungewöhnlichen Kombination der beiden Einakter „Cavalleria rusticana“ und „Gianni Schicchi“ startete das Theater in Krefeld in die neue Spielzeit. Zweieinhalb Stunden lang erlebte das Publikum im ausverkauften Haus einen überaus packenden und zugleich amüsanten Opernabend. Dass die gewagte Kombination der Stücke am Ende wie aus einem Guss wirkte, ist dem Team um Regisseur François De Carpentries zu verdanken. Gemeinsam mit Karine Van Hercke (Kostüme) und Siegfried E. Mayer schuf er ein Stück in zwei Akten, das mitten in die Lebensumstände zweier italienischer Familienclans führt.
„Cavalleria rusticana“, das auf Sizilien angesiedelte Drama um Liebe und Ehre, hat der Regisseur in die 1930er verlegt. Die Enge der Dorfgemeinschaft, die Macht der Kirche aber auch des aufkommenden Faschismus werden in den hohen dunklen Wänden bedrohlich spürbar. Eine Madonnenfigur in der Mauer deutet die dahinter liegende Kirche an. Es ist Ostern und wenn auch die üblichen Rituale mit einer Prozession zelebriert werden, herrscht eine düstere, gedrückte Stimmung. Die Dorfgemeinschaft ist veraltet, was die Damen und Herren des Chores, die musikalisch stark agieren, in ihren Bewegungen etwas überzeichnet zum Ausdruck bringen. In dieser Atmosphäre träumt der junge Soldat Turiddu (Michael Wade Lee), der sich den Faschisten angeschlossen hat, von seiner Geliebten. Die sinnliche Lola (Izabela Matula) erscheint ihm dabei wie Anita Ekberg in dem Filmklassiker „La dolce vita“. Hier dient der Film als Stilmittel, an anderer Stelle wird er auch als Instrument der politischen Propaganda gezeigt.
Lola ist mit dem Kommunisten Alfio (Johannes Schwärsky) verheiratet, während Santuzza (Eva Maria Günschmann) ein Kind von Turiddu erwartet. Da dieser sie wegen seiner Leidenschaft für Lola nicht heiraten will, ist sie von der Dorfgemeinschaft ausgestoßen. Auch Turiddus Mutter Lucia (Satik Tumyan) hat kein Verständnis für die verzweifelte Frau.
In reduzierten, aber dadurch umso eindrucksvolleren Bildern steigert sich das Drama bis zum tödlichen Ausgang. Dank der intensiven Personenregie agieren die Sänger wie Schauspieler. Die packende Musik Pietro Mascagnis interpretieren die Niederrheinischen Sinfoniker unter Generaldirektor Mihkel Kütson sehr ausgewogen zwischen Drama und Gefühl. Die Sänger werden davon getragen und setzen ihrerseits musikalische Glanzlichter. Allen voran Eva Maria Günschmann, die mit Dramatik und Wärme als zutiefst berührende Santuzza überzeugt. Ihr ebenbürtig ist Tenor Michael Wade Lee, der als Turiddu mit heller Strahlkraft und Schmelz erfreut.
Izabela Matula ist eine wunderbar sinnliche Lola, Satik Tumyna eine souveräne Lucia. Johannes Schwärsky macht die Brutalität des Alfio hautnah spürbar. Beide Figuren, Lucia und Alfio, stellen die Verbindung zum zweiten Teil dar. Während Lucia, jetzt um 35 Jahre gealtert, als skrupellose Erbschleicherin im Haus ihres Vetters Donati erscheint, ist der Titelheld Gianni Schicchi der Sohn Alfios. Das ebenfalls Johannes Schwärsky diese Rolle verkörpert, ist ein witziger Nebeneffekt. Der Bariton mit der großen Bühnenpräsenz kann sein herrliches komödiantisches Talent zeigen.
Als Mittelpunkt eines insgesamt glänzend aufgelegten Sängerensembles trickst er als falscher Erblasser die geldgierige Verwandtschaft aus. Das alles geht im Stil einer überdrehten Soap Opera über die bunt dekorierte Bühne. Dass dabei der Bogen nie überspannt wird, zeigt die hohe Qualität der Regie. Nach dem beklemmenden Drama kann das Publikum jetzt entspannen und den Spaß genießen. Musikalisch geht es turbulent und manchmal etwas zu laut zu. Ein Glanzlicht setzt Sophie Witte mit Laurettas Arie „O mio babbino caro“. Es ist wohl eine der schönsten Melodien, die Giacomo Puccini geschrieben hat. Das Publikum feiert Darsteller und Regieteam mit begeistertem Applaus. Mit diesem großartigen Auftakt setzt das Theater die Messlatte für diese Spielzeit direkt hoch an.