Tanz-Premiere "Carré 18" - Die Quadratur des Quadrats
Mit der wunderbaren Premiere „Carré 18“ ist das Tanzfestival zu Ende gegangen — ein Abend zwischen Anmut und Aggression.
Krefeld. Ein Quadrat aus Büchern ruht im Zentrum einer quadratischen Tanzfläche. Die wiederum umsäumt ein Quadrat aus Stuhlreihen, wo die Zuschauer Platz genommen haben. Die besinnliche Bühnenarchitektur beleben — natürlich — vier Tänzer, die das Bücher-Carré um- und betanzen.
„Carré 18“ heißt denn auch das neue Tanzstück des Kaiser Antonino Dance Ensembles aus Duisburg: Die Zahl 18 formt im Hebräischen das Wort „Leben“. Die Premiere bildete am Samstag den krönenden Abschluss des Festivals „Twist — Tanz im Westen“ in der Fabrik Heeder.
Avi Kaiser und Sergio Antonino, die beide auch tanzen, haben sich von der Harmonie der Form zu einer wunderbaren Choreografie inspirieren lassen. Aus einem Nebel von Stimmen dringen nur einzelne Worte durch. „Können Sie etwa denken?“ und die dahingehauchten, abgehackten Silben des französischen Volkslieds „Sur le pont d’Avignon“ legen einen akustischen Schleier über die klare Geometrie.
In einem Wechsel aus skulpturalen Posen und Tanzattacken erobern sich die vier Akteure, jeder für sich und später auch als Quartett, den Raum. Abrupt werfen sie sich zu Boden, winkeln Beine und Ellbogen an, bewegen sich in pfeilschnellen Sprüngen und Bewegungen um das Quadrat.
Zwischen Begierde und Bedrohung begegnen sich Antonino und Gon Biran. Der Italiener trägt den kleineren Israeli in allerlei Positionen mit sich und lässt ihn an sich hinabgleiten. Wenn die beiden sich für einen Moment in die Augen sehen, knistert die Luft.
Die leicht aggressive Stimmung entspannt sich im Verlauf des Stückes. An Stühlen und auf Rollbrettern arbeiten die Tänzer sich ab. Dabei verblüfft das Choreografen-Duo mit Fantasie und spielerischem Bewegungswitz.
Bäuchlings auf den Rollbrettern, erinnern die Tänzer an Schwäne. Toll, wie sie revueartig in einer Reihe auf das Publikum zurollen und sich schlängeln. Ein großartiges Bild gelingt, als die vier sich — Kopf an Fuß, Fuß an Kopf — auf das Bücher-Quadrat legen und abrupt hier ein Kopf, dort ein Knie hervorschnellt. Wenn das Ensemble mit Hilfe der Zuschauer Seile durch den Raum spannt, ist die Quadratur des Bühnenquadrats gelungen.