Theater Ein echter Klassiker
Krefeld · Es dauert eine Weile, um in die Komödie „Tartuffe“ hinein zu kommen. Das Stück feiert nun Premiere.
Ein Mann schleicht sich in das Vertrauen eines reichen Bürgers ein und beherrscht in kürzester Zeit ihn und seine Familie. Ein zeitloses Thema, das den französischen Dichter Molière vor 350 Jahren zu einer seiner schönsten Komödien inspiriert hat. Am kommenden Samstag feiert der Klassiker „Tartuffe“ seine Premiere im Theater Krefeld.
Die aus Israel stammende Regisseurin Dedi Baron hat das Stück inszeniert und viel Potenzial darin entdeckt. Der Zugang zu Molière sei ihr anfangs nicht leicht gefallen, sagt die Regisseurin: „Es dauert, bis man hineinkommt.“ Nachdem sie sich intensiver mit Molière und seiner Zeit beschäftigt hat, hat sie aber einen Weg gefunden. „Es ist ein Familienstück, die Familie steht als Mikrokosmos für das Ganze.“
Hinter den komödiantischen Zügen wird für Dedi Baron aber auch das Drama sichtbar. So ist der reiche Orgon, der auf den Heuchler Tartuffe hereinfällt, für sie auch eine sehr berührende Figur. Orgon versucht, seine innere Leere zu füllen und Ordnung in seine Familie zu bringen. Dabei hört er weder auf seine innere Stimme, noch sieht er, was in seiner unmittelbaren Nähe vor sich geht. „Es ist leicht und gefährlich, sich von anderen verführen zu lassen,“ sagt Baron.
Ein Thema, das für sie große politische Dimensionen hat und heute aktueller den je ist. Zugleich findet die Regisseurin in dem Stück die existentiellen Fragen behandelt, die Menschen auch in der heutigen Welt beschäftigen. Es sind Grundfragen des Lebens, nach dem Sinn und nach dem, was man will. Es ist auch die Suche nach einer fest gefügten Ordnung, auf die man sich verlassen kann. Diese Sehnsucht birgt aber auch die Gefahr, sich auf falsche Versprechen einzulassen. Molière zeigt dies eindringlich am Beispiel des frommen Heuchlers Tartuffe.
Seine Satire ging dem Staat damals zu weit und das Stück wurde wegen des Vorwurfs der Gotteslästerung verboten. Dedi Baron hat sich auf Molière eingelassen. „Hör zu, geh in die Tiefe!“ – so war ihre Devise bei den Proben. Sie vertraut auf die Intelligenz des Autors und seines Stückes, hinter dem für sie mehr steckt, als eine theoretische Idee. Gespielt wird mit einer klassischen Übersetzung von Wolfgang Wiens im Versmaß, zeitlich hat die Regie das Stück etwas näher heran geholt.
Details in den Kostümen zeigen Reichtum der Familie Orgon
Das soll auch in den Kostümen (Bühne und Kostüme: Kirsten Dephoff) deutlich werden, die mit vielen Details den Reichtum der Familie Orgon zeigen, ohne dass daraus Schablonenfiguren werden. „Die Menschen sollen sichtbar bleiben“, sagt die Regisseurin.
Die Bühne ist dagegen abstrakter gestaltet. Rund 80 Kugeln sorgen im Raum für ständige Bewegung und die Unmöglichkeit, eine Ordnung herzustellen. Genau mit diesem Bild ist der Leitfaden für die Interpretation abzulesen. Eine starre Ordnung oder gar Ideologie funktioniert auf Dauer nicht, Gegenpol ist das Leben, das Bewegung bedeutet.