Textilmuseum: Ein Mieder für das Kleinkind
Das Textilmuseum zeigt 200 Kinderkleider. Darunter finden sich wahre Schätze.
Krefeld. Ein elfenbeinfarbenes Taufkleid, das höchstwahrscheinlich Prinz Heinrich als vier Wochen alter Säugling im Jahre 1862 trug — das ist das Prunkstück in der neuen Ausstellung des deutschen Textilmuseums (DTM). In der Schau zeigt das Museum Kinderkleider aus drei Jahrhunderten.
Vieles an „Der Kinder bunte Kleider“ ist anders: Zum ersten Mal überhaupt sind Kinderkleider das Thema einer ganzen Schau. Noch nie gab es so viele Exponate, ganze 200 Bekleidungselemente präsentiert das Museum, und erstmalig sind 90 Prozent davon aus eigenem Bestand. Darunter finden sich wahre Schätze. Bis auf das Taufkleid stammen alle Exponate aus bürgerlichen Familien. Heute undenkbar, aber im 18. Jahrhundert steckten sie ihre Kinder sogar in Mieder. Dabei kannten sie keine Altersgrenze nach unten, wie ein seidenes Mieder mit verstärkenden Stäben beweist. Es ist für ein Kind, das noch nicht einmal laufen konnte.
„Zu jener Zeit wollten die Menschen die Körper ihrer Kinder von Anfang an formen“, sagt Uta-Christiane Bergemann. Die Kunsthistorikerin hat sich mit den Stücken aus dem 18. und 19. Jahrhundert befasst. Isa Fleischmann-Heck, stellvertretende Leiterin des DTM, ist für das 20. Jahrhundert zuständig.
Im ganzen Haus sind die Exponate nach Themen gegliedert: Die drei Mieder hängen in einer Vitrine, in einer anderen werden bestickte Baby-Häubchen gezeigt, Matrosenanzüge aus Tuch oder Strick. An den Kleidern lässt sich Modegeschichte ablesen: Angefangen bei eingeschnürten Kinderkörpern über die Hängerchen des Empire und die etwas später ausgepolsterten Stücke werden die Kleider lockerer. „Darin konnten sich die Kinder endlich bewegen“, erklärt Uta Bergemann. „Die Schnitte gibt es immer noch.“ Wichtig war auch, waschbare Stoffe zu finden — in Seide durfte man sich schließlich nicht dreckig machen.
In den zwei Jahren der Vorbereitung, Forschung und Restaurierung kamen einige Neuigkeiten ans Licht: Kleider aus einer Kiste des Museums Burg Linn wurden erst jetzt als Kinderkleidung klassiert, sorgsam restauriert und inventarisiert.
Die Ausstellung im Textilmuseum ist nicht nur ein Augenschmaus, sondern auch eine sorgsam einordnende wissenschaftliche Beschäftigung mit Kinderkleidung.