Theater: Aus dem Regenwetter in die Gefühlsstürme

Die Proben zur Oper „Die Karriere des Wüstlings“ sind in vollem Gange. In dieser Zeit der Vorbereitung ist jede Minute kostbar.

Krefeld. Die Wüstlinge tragen Kapuzenpullis, Jeans und Heavy-Metal-Shirts. Sie huschen durch Wolfgang Lachnitts Blickfeld, der Boden unter ihren Füßen knarrt mitten ins Libretto. "Statisterie!", brüllt der Regisseur. "Könnt ihr bitte außen rum gehen?"

Während die jungen Komparsen verschämt Folge leisten, widmet Lachnitt sich wieder den großen Träumen von Geld, Ruhm und Liebe, all den Stationen in der zum Scheitern verurteilten "Karriere eines Wüstlings". Strawinskys Oper feiert bald Premiere im TaZ, und es ist noch viel zu tun. Probenzeit ist kostbar.

Zu dumm, dass ein Bariton im Stau steht, der Pianist muss einspringen und singt den Part aus dem noch leeren Orchestergraben. Kurz darauf stürmt der Verschollene auf die Bühne: "Ich bin um halb fünf losgefahren! Aber dieses Wetter!" Spricht’s und ist mittendrin in den Gefühlsstürmen auf der Bühne.

Regisseur Lachnitt und Dramaturgin Ulrike Aistleitner sitzen ruhig im Publikum, hören zu, begutachten die Übergänge, die schon sehr fließend und geschmeidig wirken. Lachnitt sind trotzdem ein paar Dinge aufgefallen: "Ein paar Kleinigkeiten klären wir morgen früh, damit wir jetzt weiterkommen", ruft er.

Hinter der Bühne wartet schon der Chor, der Regisseur bewegt sich im Laufschritt nach vorne: "So, sind wir alle beisammen? Dann Ruhe bitte! Fangen wir an." Wolfgang Lachnitt wirkt ungeduldig und seelenruhig zugleich, ein Energiebündel mit einem exakten Masterplan. In der Du-Gesellschaft der Theaterleute siezt er seine Sänger. "Das ist ein Ausdruck des Respekts", sagt er. "Ich muss manchmal brüllen, ins Herz schießen. Das geht besser mit respektvollem Abstand."

Während die Chorsänger, gekleidet als Huren und Freier, den Niedergang des Wüstlings Tom Rakewell mit kraftvollem Gesang begleiten, vollzieht Lachnitt im Kopf schon den nächsten Schritt. "Ich kann es kaum erwarten, das Orchester zu hören. Die Musik ist total elektrisch, ich bin begierig, in diese Sattheit einzutauchen."