Theater: Die Fäden des Schicksals

Marienschüler spielen Shakespeares Romanze in der Fabrik Heeder.

Krefeld. Und das haben die alles auswendig gelernt? Haben sie, und kein Hänger war zu merken. Neun Schüler der Marienschule brachten jetzt das "Wintermärchen" von Shakespeare auf die Bühne der Fabrik Heeder. In einer Fassung von René Linke, natürlich gekürzt auf eine knappe Stunde.

Die Romanze, fast 400 Jahre alt, erzählt von Leontes’ Liebe zu seiner Gemahlin Hermione. Durch ungerechtfertigte Eifersucht auf seinen alten Freund Polixenes schlägt die Liebe in Hass um. Leontes verklagt seine Frau, verstößt die Tochter, verfolgt den Freund. Leontes ist König von Sizilien, Polixenes hingegen König in Böhmen. Am Ende heiraten beider Kinder, und Hermiones Statue erwacht zum Leben.

Dass wir uns einerseits in Sizilien und andererseits in Böhmen befinden, hat einer der jungen Schauspieler einfach mit Kreide rechts und links auf die Wand geschrieben. Während ein anderer die Vermessung der Bühne vornimmt: Passt denn alles, was wir erzählen wollen, auf diese Fläche? Vieles passt und es ist in vielem angepasst an die Zeitläufte. Episoden elisabethanischer Gegenwart und heutiger, aufgeregter Tatendrang, Sprechen ohne Zuhören, das spiegelt Menschen einst und heute wider.

Die Zeitsprünge im Stück hat Linke ebenso szenisch aufgenommen und spielt dabei mit dem Alter seiner Schauspieler: Sie sind alle im sechzehnten Jahr, wie die beiden Liebenden im Wintermärchen. Linke lässt seine Darsteller in das Entstehungsjahr 1610 zurücklaufen: Das ist dann ein bisschen antiker Chor und ein bisschen zeitgemäße Liebe zum Laufen. Vor allem aber sind alle die kurzen Szenen mit Sprüngen von Zeit, Ort und Handlung eine Reflexion unserer digitalen Medienwelt heute, die nahezu bewegungslos abläuft.

Linke spielt auch mit der Wiederholung, und so bietet er zwei Enden an: Tragödie oder Komödie. Als Bonbon für die Jugendlichen dann ein Nonsens-Gedicht, das, mit Verlaub, auf dem Wort "Scheiße" aufbaut. Das darf zum Abschluss gleich zweimal aufgesagt werden und begeistert viele Zuschauer. Die wurden zuvor mit Strickwolle beworfen, so dass sie in einem Netz gefangen sind: Schicksalsfäden, unzerreißbar.

Das war noch einmal eine konzentrierte Leistung zum Ende der Schultheaterwoche im Kresch, nur ab und an akustisch über der Schmerzgrenze.