Theater-Uraufführung: Im eigenen Land — doch nicht zu Hause
„Ein Gedächtnis für das Vergessen“ beruht auf Gedichten des Palästinensers Machmud Darwisch.
Krefeld. In den Nachrichten ist der Nahe Osten allgegenwärtig. Doch trotz aller Berichterstattung bleiben die Kultur und die Menschen fremd. Das Stück „Ein Gedächtnis für ein Vergessen“, das morgen in der Reihe „Außereuropäisches Theater“ Premiere feiert (20 Uhr, Fabrik Heeder), sei daher auch eine Herausforderung für die Schauspieler gewesen, erzählt Regisseurin Maya Zbib.
Schon vor den Proben hat das Team gemeinsam Bücher aus der Region gelesen, Filme geschaut und landestypische Musik gehört. „Vor jeder Probe haben wir uns erst mal wieder in die Materie eingefunden“, erzählt Zbib. Handlungen, die spontan während der Proben passierten, seien in das Stück mit eingeflossen.
Die gebürtige Beiruterin hat sich für die gleichnamige Vorlage des Dichters Machmud Darwisch entschieden, weil das Buch die Geschichte einer Person erzählt, gleichzeitig aber für das Leben so vieler Menschen steht: „Es geht darum, im eigenen Land kein Zuhause zu haben. Das Stück handelt davon, dass nach den Revolutionen und dem Arabischen Frühling doch nichts besser geworden ist.“ Um Betrug gehe es und ums Scheitern. Gleichzeitig sei das Stück voller Hoffnung: „Die Menschen nehmen nicht kampflos hin, was mit ihnen und ihrem Land geschieht.“
Obwohl die Vorlage ein Gedichtband ist, findet die meiste Zeit ein Dialog zwischen den Figuren statt. Dabei verkörpern die Darsteller nicht nur einen einzelnen Charakter, sondern schlüpfen in verschiedene Rollen. Ob der Zuschauer jedes Mal merkt, wenn es sich um eine andere Persönlichkeit handelt, sei nicht relevant, sagt Zbib. „Die Inszenierung findet auf so vielen Ebenen statt, der Zuschauer kann sich aussuchen, auf was er sich fokussiert — ob Musik, Film, Text oder Bühnenbild.“
Letzteres hat Lydia Merkel gestaltet. Auch für sie war die Beschäftigung mit dem Nahen Osten neu: „Ich habe einfach den kulturellen Hintergrund nicht. So war für mich besonders spannend, wie Beirut in dem Buch beschrieben wird.“ Herausgekommen ist eine Stadt-Dach-Landschaft, die sehr an die dortige Umgebung erinnert.
„Das Thema, gerade für Menschen, die nicht so tief involviert sind, ist vielschichtig“, sagt Zbib. Jedes Detail zu verstehen, sei nicht notwendig. Was zählt, ist das Gefühl, das am Ende bleibt.
Eine Panoramaseite zum Spielzeitstart des Stadttheaters finden Sie in der Freitagsausgabe der WZ Krefeld.