Konzert Plopp-Geräusche und verträumte Ballade
Krefeld · Der Jazzklub nahm zum siebten Mal auf Burg Linn am Unesco-International-Jazz-Day teil.
Ausgerechnet Free Jazz? Der Jazzklub Krefeld kann sich auf sein Publikum verlassen. Zum achten Unesco-International-Jazz-Day, an dem der Jazzklub Krefeld (JKK) zum siebten Mal teilnahm, hatte der Verein zwei Free-Jazz-Bands in den Rittersaal der Burg Linn eingeladen, bei denen man schon im Voraus wissen konnte, dass sie nicht leichte musikalische Kost servieren würden.
Immerhin präsentierten das Trio Kaufmann/Gratkowski/de Joode und die Band Japanic um die in Berlin lebende Japanerin Aki Takase sehr unterschiedliche Auffassungen der freien Spielart des Jazz — vor gut gefülltem Saal.
Oberbürgermeister Frank Meyer trat wieder als Schirmherr des Jazztags auf. In seinem Grußwort betonte er, dass Krefeld „eine Stadt der Jazzfans“ sei. Dem Jazzklub überreichte er nachträglich zum 40. Geburtstag einen Brief der Kulturstiftung der Sparkasse. Die Botschaft wird besonders den Kassenwart des JKK erfreut haben.
Außerdem begrüßte Meyer im Publikum einen besonderen Gast. Jürgen Sauerland-Freer verbrachte die letzten Stunden seiner Dienstzeit als Leiter des Kulturbüros der Stadt Krefeld auf der Burg.
Die Musiker verzichten
auf jegliche Absprache
Die erste Band war das Trio mit dem Pianisten Achim Kaufmann, dem Bläser Frank Gratkowski und dem Kontrabassisten Wilbert de Joode. Die Musiker verzichten auf jegliche Absprache, verzichten also auf Themen, Arrangements und so fort. Sie vertreten eine eher europäisch geprägte Form des Free Jazz, bei der aus der Jazzgeschichte überlieferte Bestandteile kaum eine Rolle spielen. Freie Improvisation nennt man das weithin.
Das Trio ist allerdings sehr gut aufeinander eingespielt, und die Musiker sind ausgewiesene Könner auf ihren Instrumenten. So sind alle drei auch in der Lage, über die konventionelle Klangerzeugung hinauszugehen.
Kaufmann präparierte immer wieder die Saiten des Flügels durch Auflegen verschiedener Materialien, de Joode nutzte die Decke seines Basses perkussiv, und Gratkowski, der virtuos auf Querflöte, Altsaxophon, Klarinette und Bassklarinette agierte, integrierte unter anderem Blas- und Plopp-Geräusche.
Kennzeichnend für alle Stücke war das sensible Interagieren der Musiker. Immer wieder schlossen sie gemeinsam Bögen ab, ersetzten also vorgegebene durch intuitiv gefundene Formen. Solistisch brillierte am meisten Gratkowski, der das Trio mit seiner Stimme auch ein wenig führte. Das Publikum verfolgte die Musik hoch konzentriert.
Ganz anders dann die Band der Pianistin Aki Takase. Deren Musik war Free Jazz in amerikanischer Tradition, der mit Bestandteilen der Jazzgeschichte spielt, Formen, also auch Themen und Arrangements durchaus nutzt, um sie dann wieder aufzubrechen.
Takase ist ein Energiebündel am Klavier, verfügt über einen sehr prägnanten Anschlag. Alleine bei ihr war stilistisch vom Stride-Piano à la Art Tatum bis zu expressiven Clustern à la Cecil Taylor alles zu hören. Zu ihrer Band gehören Daniel Erdmann an Sopran- und Tenorsaxophon, Johannes Fink am Kontrabass und Dag Magnus Narvesen am Schlagzeug. Wegen Krankheit fehlte Vincent von Schlippenbach alias DJ Illvibe, der der Musik sicher noch einen weiteren stilistischen Dreh verpasst hätte.
Bebop- und Latin-Themen waren etwa zu hören, allerdings nicht in strengen Songformen, sondern in collagierten Arrangements à la Charles Mingus. Das heißt, dass oft zwischen freier und gebundener Spielweise gewechselt wurde.
Das machte die Musik der Band wesentlich zugänglicher als die des Trios zuvor. Die expressive Spielfreude der Musiker tat ein Übriges, um das Publikum zu begeistern.
Und zwischendrin verblüfften Aki Takase und Daniel Erdmann das Publikum auch mal mit einer verträumt-lyrischen Duoballade.