Jazzklub Krefeld Virtuose und frische Fusion-Musik

Krefeld · Zum Abschluss des Jazzherbstes im Glasfoyer des Theaters Krefeld begeisterte das Marius Neset Quintett auf Einladung des Jazzklubs Krefeld.

Saxophonist Marius Neset und sein Quintett überzeugten mit Ausdrucksstärke und Vielschichtigkeit.

Foto: Dirk Jochmann

Der norwegische Saxophonist Marius Neset gastierte jetzt zum Abschluss des diesjährigen Jazzherbstes mit seinem Quintett im Theater. Der Jazzklub Krefeld (JKK) als Veranstalter konnte sich über ein ausverkauftes Foyer und über einen krönenden Schlussstein seiner Reihe freuen. Das Niveau der bisherigen drei Konzerte war schon hoch, aber Neset und seine Band musizierten noch mal auf einer höheren Ebene. Und so gab es dann zum Schluss auch stehende Ovationen der Krefelder Jazzfans, was bei diesem kundigen Publikum eher selten vorkommt.

Saxophonist Marius Neset gastierte zuvor 2014 in Krefeld

2014 gab Neset beim Festival auf der Burg Linn erstmals seine Visitenkarte in Krefeld ab, damals im Duo mit dem Pianisten Michael Wollny. Sein Quintett existiert in dieser Besetzung erst seit anderthalb Jahren, die Schweden Magnus Hjorth am Piano und Anton Eger am Schlagzeug sind gleichwohl schon länger Weggefährten Nesets. Mit den beiden noch relativ unbekannten Briten Elliot Galvin an den Keyboards und Conor Chaplin am E-Bass hat die Band 2022 ihr Debütalbum „Happy“ in Kopenhagen eingespielt, das sie hier vorstellte.

Was für ein kompletter Saxophonist dieser Neset doch ist. Gerade mal 38 Jahre ist er alt, und sein Spiel sowohl auf dem Tenor- als auch auf dem Sopransaxophon zeugt von einer umfassenden Virtuosität. Vor allem auf dem Tenor streut er beiläufig und eben nicht effekthascherisch auch nicht gängige Spieltechniken ein: Er nutzt das Geräusch der Klappen, lässt Multiphonics aufblitzen und sofort. Sein Ton ist mal süffig, dann wieder scharf und auf jeden Fall von einer großen Vielfalt der Farben. Geradliniger bedient er das Sopran, brilliert hier etwas mehr als auf dem Tenor mit vielen blitzgescheiten Läufen. Vorbilder hört man nur wenige bei ihm heraus – beim Tenor eher Michael Brecker, beim Sopran eher Wayne Shorter –, aber Neset hat längst seinen ganz eigenen Sound entwickelt.

Die Musik seines Quintetts ist an der guten alten Fusion-Musik orientiert. Unwillkürlich wird man an die legendär druckvollen Live-Auftritte der Band Weather Report erinnert, was auch an der Doppelbesetzung an den Tasten liegt. Jazzrock, Funk, Latin und einmal auch ein wenig Folklore wird hier zu einem schillernden Feuerwerk gemischt. Mit einer rhythmisch vertrackten Passage gibt es gar einen Bezug zu Frank Zappa.

War es bei Weather Report Joe Zawinul, der allein mehrere Synthesizer, E-Pianos und auch das akustische Klavier bediente, so ergänzen sich bei Neset der Pianist Hjorth und der Keyboarder Elliot erstaunlich harmonisch. Elliot erschafft mit seinen Synthie-Sounds eine oftmals eben elektronische Atmosphäre, dann verleiht er der Stimme Nesets den Druck eines darunterliegenden Satzes. Hjorth schlägt mit großer Anschlagsvielfalt und differenzierter Begleitung die Brücke zum Modern Jazz. Beide überzeugten auch solistisch.

Chaplin am fünfsaitigen E-Bass war der am wenigsten auffällige Spieler, aber seine Rolle in den vielschichtigen, oft suitenartig angelegten Arrangements mit vielen Groove- und Tempowechseln darf nicht unterschätzt werden. Er hielt gewissermaßen den Kurs und verschaffte damit Eger am Schlagzeug die nötige Freiheit für dessen außergewöhnliches Spiel. Der Drummer agierte überwiegend binär, also rock- und funkorientiert, brach seine Grooves aber durch viele Fill-Ins und perkussive Akzente ständig auf, vor allem durch das Spielen in seinem Drumset integrierter Bongotrommeln. Damit gelang ihm das Kunststück, trotz Markieren der schweren Taktteile einen unbändigen Flow zu erzeugen.

Den großen Applaus am Ende hatte sich das Marius Neset Quintett mit seinem stürmischen Auftritt, der Ausdrucksstärke und Vielschichtigkeit auf herausragende Weise miteinander verband, mehr als verdient.