Basketballer vor Neustart — sportlich und strategisch
Der SC Bayer steht vor einem Jahr des Übergangs — danach könnte das Team, wie einst die Handballer, aus dem Club ausgegliedert werden.
Uerdingen. Was wohl der FC Bayern München ohne Lahm, Alaba und Müller wäre? Na, ein respektabler Erstligist, der sich für die Champions League qualifizieren würde. Wetten, dass . . . Auf das beschauliche Krefeld statt schillernde München, auf den Basketball statt auf den Fußball und auf den SC Bayer Uerdingen statt auf die Giganten-Bayern heruntergebrochen, bedeutet der Verlust von drei Leistungsträgern für die Basketballer schlicht nicht weniger als die Verlegung auf die sportliche Intensivstation. SC-Bayer-Trainer John F. Bruhnke drückt das moderat so aus: „Wir stellen uns neu auf. Das wird ein Übergangsjahr. Wir konzentrieren alle Bemühungen auf den Klassenerhalt.“
Die Bayer-Basketballer gingen vor etwa drei Monaten als Tabellendritter der 2. Regionalliga über die Ziellinie, spielten eine Saison sportlich voll in den Erwartungen und müssen nun drei Akteure aus der aus fünf Spielern bestehenden Stammformation ersetzen: Routinier Goran Gavric beendete die Karriere, die beiden starken Ausländer Michael Daniyelyan und Lukas Kazlauskas gingen ebenfalls. Darüberhinaus wechselte Talent Marvin Heckel zu Bayer Leverkusen in die Pro A, die 2. Liga, und steht den Uerdingern mit einer Zweitspiellizenz nur sporadisch zur Verfügung. Zudem muss Bruhnke auch auf Sebastian Lougheide verletzungsbedingt verzichten, der dem Coach erst zum Trainingsstart Ende Juli mitteilte, wegen chronischer Beschwerden an der Achillessehne aufzuhören. In Daniyelyan, Kazlauskas und Heckel verlieren die Basketballer ihre Punkte-Garanten. Ein kleiner Auszug der Überschriften in der WZ der vergangenen Saison verdeutlicht das: Daniyelyan erzielt stolze 58 Punkte, Heckel macht 34 Punkte, Kazlauskas — 33 Punkte.
Und Ersatz in gleicher Qualität ist nicht in Sicht. Drei Zugänge sind fix, auffallend — es ist kein Ausländer darunter. Und das hat seinen Grund: Die Basketballer müssen sparen, und ausländische Spieler sind teuer. Hintergrund: Die Bayer AG überdenkt permanent ihre Sportförderung. Wilfried Hocks, SC-Bayer-Vorsitzender, sagt: „Daher sind wir im Moment vorsichtig.“ Die Clubführung hat mit der Abteilungsleitung darüber bereits ein Gespräch geführt. Der Konzern, die Bayer AG, will die Clubs immer mehr in die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit überführen und von Sponsorengeldern aus Leverkusen unabhängig für die Zukunft aufstellen. In Uerdingen wurde dieser Prozess vor bereits 20 Jahren eingeleitet mit der Abkopplung der Fußballer vom Konzern — aus dem FC Bayer Uerdingen wurde der KFC Uerdingen. Und der SC Bayer Uerdingen startete als neu gegründeter Club. Seither hat sich der SC Bayer in den Sportarten Badminton und Tischtennis, in denen er über Jahre der Bundesliga angehörte und Meisterschaften feierte, aus dem Leistungssport zurückgezogen.
Wie die Entwicklung für den Basketball verläuft, ist momentan nicht abzusehen. Die Handballer etwa haben vor drei Jahren den gleichen Prozess vollzogen und sich mit Adler Königshof in der HSG Krefeld verbrüdert. Einer möglichen Ausgliederung der Basketballer steht der Vorstand offen gegenüber. Hocks: „Das ist natürlich möglich. Aber dafür braucht es einen strategischen Partner. Den gibt es im Moment nicht.“ Ob die Basketballer diesen Partner finden und wie die Handballer fusionieren oder nicht, ist Zukunftsmusik. In der Gegenwart jedenfalls hängen die Körbe bildlich deutlich höher als in der vergangenen Saison. Die Lahms, Alabas oder Müllers des Basketballs können da jetzt auch nicht mehr helfen.