Leichtathletik Einmalig auf der Welt: die Stabhochsprung-Familie

Krefeld · Die Rittes aus Uerdingen sind in der Leichtathletik-Szene wegen ihrer überragenden Erfolge ein Gesprächsthema.

 Gemütlichkeit auf dem Stabhochsprung-Kissen: Wolfgang und Thomas Ritte, der mit seinem Sohn spielt.

Gemütlichkeit auf dem Stabhochsprung-Kissen: Wolfgang und Thomas Ritte, der mit seinem Sohn spielt.

Foto: Bernward Franke

Zuletzt gab es bei der Senioren-DM (Ü35) in Erfurt viermal Stabhochsprung-Gold für Athleten des SC Bayer Uerdingen mit dem Namen Ritte: Familienoberhaupt Wolfgang Ritte sicherte sich Gold mit der Höhe von 3,55 Meter. Der 67-Jährige pensionierte Ministerialbeamte gewann auch wieder den 60-Meter-Hürdenlauf in 9,84 Sekunden. Seine Frau Ute holte sich ihre Goldmedaille in der W 65 mit 2,35 Meter, Tochter Christina mit 3,10 Meter bei der W 35 und Filius Thomas bei der M 40. Er schwang sich noch über die enorme Höhe von 4,50 Meter. Eigentlich hätte nun die Europameisterschaft im portugiesischen Braga angestanden, sie wurde wegen des Coronavirus abgesagt. Dort wollte die Famile, die in Uerdingen am Löschenhofweg beste Trainingsbedingungen hat und in Moers lebt, wieder auf Medaillenjagd gehen.

Immerhin haben die Rittes somit ein Problem weniger: Bei weiten Reisen müssen die vielen langen Stäbe in die Flugzeuge passen. „Längst nicht alle Fluggesellschaften nehmen die mit“, sagt Wolfgang Ritte. Da sind die Fahrten mit dem Auto quer durch Deutschland schon leichter zu bewältigen. Für die Stäbe gibt es Taschen, und diese werden dann auf Dachgepäckträgern festgezurrt. Jeder Springer hat immer mindestens fünf Stäbe dabei – für die Familie Ritte bedeutet dies, bis zu 30 Stäbe zu transportieren.

Wolfgang Ritte war vor gut zweieinhalb Jahren als erster Mensch in der Klasse der 65-Jährigen über die die Vier-Meter-Marke hinweggekommen – 4,05 Meter waren es zu Pfingsten 2017 in Wipperfürth. Natürlich steht ein so erfolgreicher Sportler auch im Internet-Lexikon Wikipedia. Dort heißt es: „Bereits als Kind begann Wolfgang Ritte unter Anleitung seines Großvaters mit dem Stabhochsprung und blieb ihm bis in die Altersklassen treu. Er gewann von der Jugend aufwärts bis zu den Senioren 98 deutsche und 48 internationale Meistertitel. Seine höchste Höhe erreichte er als 30-Jähriger im Jahr 1984 mit 5,11 Metern. Er stellte bei den Senioren (Ü 30) 76 Deutsche Rekorde, 64 Europarekorde und 47 Weltrekorde auf.“

Zur Familie Ritte heißt es bei Wikipedia nur knapp: „Auch Rittes Frau, sein Sohn und seine Tochter sowie der Schwiegersohn sind aktive Leichtathleten.“ Sehr erfolgreich, denn sie sammeln ebenfalls viele Goldmedaillen und Titel bei Deutschen und internationalen Meisterschaften im Stabhochsprung.

Dass diese Erfolge nur mit intensivem Training möglich sind, kann man sich gut vorstellen. Wolfang Ritte dazu: „Uns trifft man drei- bis viermal in der Woche beim Training auf dem Bayer-Gelände beziehungsweise im Covestro-Sportpark in Uerdingen am Löschenhofweg. Hier stehen uns mit der Leichtahletikhalle und dem Leichtathletikstadion exzellente Anlagen zur Verfügung. Die Möglichkeit, diese Sportstätten zu fast jeder Zeit nutzen zu können, ist sicherlich auch eine Grundlage für unsere Erfolge in den vergangenen Jahren. Hierfür sind wir unserem Verein auch sehr dankbar.“

Fragt man Wolfgang Ritte nach der Anzahl der Stäbe, die seine Familie hat, kann man auch erahnen, dass Stabhochsprung ein teurer Sport ist. Denn so ein biegsamer Stab aus Glasfiber oder Carbon kostet um die 500 Euro. „Uns standen in Erfurt 30 Stäbe zur Verfügung, von denen einer zuletzt sogar unter dem Weihnachtsbaum lag.“

Dass Sport mit Leichtathletik und insbesondere Stabhochsprung bei den Rittes häufig ein Thema ist, liegt am Tagesablauf. „Es wird nicht nur hierüber geredet, sondern auch viel zu Hause praktiziert. So nutzen wir mehrfach wöchentlich unseren Kraftraum oder die unterschiedlich hohen Turnrecks im Garten.“

Dass das alles so noch lange bleiben soll, steht für die Rittes fest. „Stabhochsprung ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Solange es also keinen Grund dafür gibt, die attraktive und mit äußerst hohem Spaßfaktor versehene Disziplin Stabhochsprung nicht mehr zu betreiben, wird man uns auf den nationalen und internationalen Stabhochsprunganlagen antreffen“, sagt Wolfgang Ritte. Die nächsten Wettkämpfe sind schon fest eingeplant. „Wir werden uns auf die Deutschen Meisterschaften in Zittau im Juli konzentrieren, zumal ich dann die Möglichkeit habe, dort die Anzahl meiner nationalen Titel auf 100 zu erhöhen.“

Im Jahr 1971 war Wolfgang Ritte in der inzwischen abgerissenen Berliner Deutschlandhalle mit 18 Jahren zum ersten Male Deutscher Meister (Jugend) im Stabhochsprung geworden. Seine DM-Titel zuletzt in Erfurt (60 m Hürden und Stabhochsprung) waren die nationalen Titel Nr. 97 und 98, so dass ihm zum Jubiläum noch zwei Triumphe fehlen.