KFC Uerdingen "Jeder ist gefragt beim Toreschießen"
Krefeld · Analyse Teamchef Reisinger nimmt zwar alle KFC-Spieler in die Pflicht. Erst 24 Saisontore sprechen allerdings eine klare Sprache.
Hätte man den Fußballern des Drittligisten KFC Uerdingen ein Zeugnis ausstellen sollen für die 0:1-Niederlage bei der Spielvereinigung Unterhaching – die Noten für die erbrachten Leistungen wären gar nicht mal so schlecht ausgefallen, trotz der null Punkte im zweiten Pflichtspiel des Jahres. Zwar ließ die Abwehr nach einem Freistoß einen Ball passieren, den der Unterhachinger Christoph Greger dann unglücklicherweise auch direkt zum Siegtor ins Tor schoss, doch wehrte die Mannschaft im Kollektiv auch viele Angriffsversuche der Bayern im Ansatz ab.
In allen Bereichen, die den modernen Fußball und vor allem den in der 3. Liga ausmachen – Anlaufverhalten, Gegenpressing, Laufbereitschaft, Aggressivität in den Zweikämpfen – verdiente sich der KFC gute Noten. Die neu Aufgestellten wie Dennis Daube oder Edvinas Girdvainis verrichteten auf Anhieb gute Arbeit, niemand fiel im Spiel gegen den Ball negativ auf. In einem Kernfach jedoch gab es am Samstagnachmittag nur die Bewertung „Mangelhaft.“ Wieder einmal haben die Uerdinger mit dem Toreschießen gegeizt. Mehr noch: Sie haben es auch nicht geschafft, sich sogenannte hundertprozentige Chancen zu erspielen.
Der Ball kam einfach nicht
dort an, wo er hin sollte
Sie haben ganz ordentlich kombiniert gegen einen Gegner, der sich über weite Strecken der Partie weit zurückgedrängt sah und vor allem im zweiten Durchgang das eine oder andere Mal das Stilmittel des Befreiungsschlags anwenden musste, um sich aus der Belagerung zu lösen. Allerdings hat die Offensivabteilung der Krefelder am Unterhachinger Strafraum ihre Überlegenheit nicht in den entscheidenden Situation ausspielen können. Zuspiele kamen wiederholt nicht an. Bälle wurden vertändelt, gingen schnell verloren. Osayamen Osawe traf nur das Außennetz, Ali Ibrahimaj scheiterte an Torwart Nico Mantl. Franck Evina drosch den Ball knapp aus der Entfernung am Tor vorbei. „Wir müssen effizienter, entschlossener vor dem Tor sein“, forderte Trainer Daniel Steuernagel nach der Niederlage: „Wir haben sehr gut gespielt, aber uns nicht belohnt.“ Die Bilanz der eigenen Saisontreffer ist schlecht: 24 Tore in 22 Ligaspielen. Das sind 1,1 Treffer pro Partie. Nur die Abstiegskandidaten Jena und Großaspach (am kommenden Samstag Heimgegner der Uerdinger) sind noch schwächer. In den Wochen vor der Winterpause hatte der KFC ein Mittel für den Erfolg gefunden. Die Mannschaft stand defensiv kompakt, spielte aus einer sicheren Deckung heraus, konterte und brauchte nur wenige Chancen zum Erfolg.
Längst nicht in jedem Spiel kann sich der KFC darauf verlassen, dass ein Mann, dessen Kernkompetenz nicht der Torabschluss ist, in die Bresche springt und das Team rettet, wie es beispielsweise Jean-Manuel Mbom tat beim 1:0 in Köln. Es fehlt die Torgefahr auch auf anderen Positionen, wenn der Vollstrecker Nummer eins, Tom Boere, sich derzeit in einer kleinen Formkrise befindet. „Er muss den Kopf frei kriegen. Er macht sich Druck“, sagt Teamchef Stefan Reisinger, der in den fünf Monaten, seit der Niederländer das KFC-Trikot trägt, eine Art Ansprechpartner und persönlicher Problemlöser des Stürmers geworden ist.
Der schnelle Osayamen Osawe ist kein Torjäger. Zudem ist er verletzungsanfällig wie auch Mittelstürmer Adriano Grimaldi, der derzeit fehlt. Osawe ist ebenso wenig bei voller körperlicher Leistungsfähigkeit wie auch der hoch veranlagte Franck Evina, der ein Fitnessdefizit mit sich herumschleppt. „Jeder ist gefragt, wenn es ums Toreschießen geht“, fordert Reisinger: „Jeder muss sich reinfeuern. Wir müssen die Chancen auch mal erzwingen.“ In den Übungsstunden versuchen Reisinger und Steuernagel das Defizit zu beheben: Abschlüsse, Abläufe, das Spiel im sog. letzten Drittel. Ob es was bringt? Am Samstag soll das erste Tor in 2020 fallen.