Mahnmal Wie der Unfalltod eines elfjährigen Mädchens in Krefeld aufgearbeitet wird

Krefeld · Ein Künstler aus Krefeld arbeitet zusammen mit jungen Menschen den tödlichen Unfall einer Elfjährigen auf. Entstanden ist ein einzigartiges Projekt.

An der Aktion wirkten (v.l.) Kim Schürmann, Patrick Köcher, Künstler Frank Saternus, Steve Finkbeiner und Rebecca Burkowski mit.

Foto: NN

Die einst grau-braune Wand ist jetzt hellblau gestrichen und soll an den Himmel erinnern. Sie befindet sich an der Häuserecke Gladbacher-/Seyffardtstraße und ist kein Bereich wie jeder andere. Denn dort starb vor etwa einem Jahr ein elfjähriges Mädchen, das auf dem Weg zur Schule von einem Lastwagen erfasst wurde. Der Krefelder Künstler Frank Saternus arbeitet den Unfall mit jungen Leuten im Projekt „Lebensnah“ mit einem Mahnmal auf.

Das Projekt läuft im Sozialwerk Krefelder Christen, das sich wenig weiter an der Ispelsstraße befindet. „Das Thema liegt also geradezu vor der Tür“, erklärt Saternus. „Stofftiere, Kreuz und Blumen wurden an der Unfallstelle niedergelegt und verwittern. Wir kümmern uns darum, damit das Gedenken an das Mädchen wachbleibt.“

Wir, das sind neben dem Künstler zehn junge Menschen zwischen 15 und 27 Jahren, die bisher nicht viel Glück im Leben hatten, deren Lebensumstände schwierig waren. Saternus: „Sie haben soziale Probleme oder psychische Erkrankungen und wollen – auch mit Hilfe dieser ehrenamtlichen Tätigkeit – in ein normales Leben zurückfinden.“

Ort soll zu einer Stätte werden, an der Gedenken möglich ist

Mit diesem Projekt wollen sie positiv auf „ihren“ südlichen Stadtteil einwirken, in dem sie sich befinden. Sie möchten ihn sogar verbessern und verschönern. Saternus: „Dazu gehört es auch, Schnapsflaschen, Hundekot und Müll an der Ecke regelmäßig zu beseitigen, damit der Ort zu einer Stätte wird, an der Gedenken möglich ist. Gleichzeitig möchten sie, dass die Hinterbliebenen nicht so stark mit den Dingen, die dort jetzt passieren, konfrontiert werden.“

Das Mahnmal wird an dieser Stelle ein Zeichen für den Unfall, aber auch eine Erinnerung an den „Toten Winkel“ im Verkehr überhaupt. „Unfälle dieser Art kommen so oft vor“, sagen die jungen Leute. „Deshalb soll der Ort auch an alle Opfer des ,Toten Winkels’ erinnern. Kooperationspartner sind die  Polizei, Aktion Fairkehr und Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club.“

Malen bei fünf Grad im Regen

Die Hausverwaltung an dieser Ecke vom Projekt zu überzeugen sei nicht schwer gewesen, berichtet Saternus weiter. „Sie war sogar froh, als das vorhandene hässliche Graffiti hinter der blauen Farbe verschwand“, sagt der Künstler. „Wir machen es schön“ war die Prämisse. „Da störte es auch kaum, dass sie bei fünf Grad im Regen malten und die Idee ans Laufen brachten.“

Steve Finkbeiner, der die Betreuung bereits beendet hat, das Projekt jedoch mit den anderen zu Ende bringen will, erzählt: „Ich möchte das Ergebnis sehen, möchte später im Vorbeigehen sagen, ich habe meinen Anteil beigetragen.“ Patrick Köcher erklärt: „Ich möchte die Hilfe, die ich bekommen habe, zurückgeben.“

Im Regen haben sie also gestanden und die blaue Farbe aufgetragen. Die Passanten sahen sie ungläubig an, fragten: „Was macht ihr da?“ Kinder blieben als erste stehen.

Nach der blauen Farbe kommen noch zwei schwere Balken an die Wand. Saternus: „Sie werden optisch so angebracht, dass es aussieht, als würden sie auseinanderbrechen oder zusammenprallen. Dahinter ist dann der Himmel.“

Blumen, Kreuze und Stofftiere für die Ewigkeit

Davor werden die metallenen Baumscheiben-Begrenzungen mit Holzwinkeln verkleidet, so dass Bänke entstehen, auf denen die Leute sitzen und gucken können. Die Ecke solle grün werden und „einer gewissen Ordnung“ zugeführt werden, heißt es. Dazu gehört es auch, die Blumen, Kreuze und Stofftiere so lange mit grauer Farbe zu besprühen, bis sie konserviert und für die Ewigkeit sind.