Politische Querelen Dicke Luft im Integrationsrat

Krefeld · Vertreter der Uerdinger CDU und der Werte-Union rufen zum Boykott des Gremiums auf. Markus Schön würde sein Amt missbrauchen, behaupten sie.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Was ist denn da nur im Integrationsrat los? Nach der jüngsten Sitzung scheinen die Gemüter sehr erhitzt. Vor allem im Lager der Christdemokraten. Die Frage, wie die Partei zu diesem Gremium steht, beschäftigt die Mitglieder. Denn die Werte-Union Niederrhein in Person von Carsten von der Venn sowie der Uerdinger CDU-Mann Maik van Ditshuizen haben in einer gemeinsamen Erklärung die Krefelder CDU dazu aufgerufen, die Zusammenarbeit mit „dem sogenannten“ Integrationsrat der Stadt Krefeld vorübergehend einzustellen.

Auslöser war die Sitzung des Integrationsrates in der Vorwoche, in der der Entwurf für das neue Integrationskonzept diskutiert werden sollte. Darin steht eigentlich nichts Neues. Doch vor allem am Unterpunkt „Einforderung des kommunalen Wahlrechts“ entzündete sich eine Debatte. EU-Bürger hätten danach die Möglichkeit der politischen Partizipation, Drittstaatler jedoch nicht. Das Ziel sollte sein, über den Beschluss des Krefelder Integrationsrates den Landes-Integrationsrat darin zu unterstützen, für die Nicht-EU-Bürger ein kommunales Wahlrecht auf Landesebene anzustrengen. Dieser Punkt wurde auf Wunsch der FDP und CDU vertagt, um zu einem späteren Zeitpunkt über Änderungsvorschläge zu diskutieren.

Nicht neutral genug:
Kritik an Markus Schön

Die Werte-Union Niederrhein und der Uerdinger CDU-Mann kritisierten in der Sitzung den Leiter des neu geschaffenen Zukunftsdezernates, Markus Schön, harsch. Der Beigeordnete komme seiner Neutralitätspflicht nicht nach, er setze sich zu sehr ein, betreibe „parteipolitischen Populismus“ stichelten sie. Ohnehin würde das Gremium „immer wieder für „parteipolitische Ziele missbraucht.“

Schön entgegnete daraufhin: „Das Integrationskonzept ist mit breiter Beteiligung aller im Integrationsrat vertretenen Fraktionen erarbeitet und danach vom Verwaltungsvorstand beschlossen worden. Es stellt damit in keinster Weise eine Einzelmeinung einer Partei oder eines Beigeordneten dar.“ Im Übrigen sei der Punkt des Wahlrechtes für alle Ausländerinnen und Ausländer auch schon im noch gültigen Integrationskonzept benannt, führt Schön fort: „Und dieses ist vom Rat der Stadt Krefeld am 14. April 2010 mit breiter Mehrheit und mit den Stimmen der CDU beschlossen worden.“

Es stellt sich die Frage, für wen der Uerdinger CDU-Mann Maik van Ditshuizen da gesprochen hat, als er die Erklärung verbreitete, die Zusammenarbeit mit dem Integrationsrat der Stadt Krefeld vorübergehend einzustellen. Ist er Einzelgänger, oder hat er in der Krefelder CDU stille Unterstützer? Sind dies Anzeichen einer inneren Zerrissenheit? Die Krefelder CDU schreibt dazu: „Der Stadtbezirksvorsitzende der CDU Uerdingen/Gellep-Stratum, Ratsherr Ulrich Lohmar, hat sich von einer Stellungnahme einzelner Mitglieder des Uerdinger CDU-Ortsvorstandes zusammen mit der so genannten Werte-Union distanziert. Zudem lehnen Marc Blondin (MdL) als Parteivorsitzender und Britta Oellers (MdL) als stellvertretende Fraktionsvorsitzende die Forderungen ab, sich als Fraktion aus dem Integrationsrat zurückzuziehen.“

CDU distanziert sich von den Äußerungen ihres Parteikollegen

Oellers sagt: „Diese Erklärung findet absolut nicht meine Zustimmung und ist nicht zielführend.“ Lohmar geht weiter: Eine enge Bande der Uerdinger CDU mit der Werte-Union, die sich als konservativer und wirtschaftsliberaler Flügel der CDU/CSU begreift und einen Richtungswechsel propagiert, würde es nicht geben. „Wenn sich einzelne Mitglieder des Vorstandes des CDU-Ortsverbandes dazu entscheiden, dieser Gruppierung beizutreten, ist das eine reine Privatangelegenheit“, sagt er.

Kreisparteichef Blondin erklärt, dass die Christdemokraten ihre Mitarbeit im Integrationsrat „in derselben Weise fortführen“ werden wie bisher.

Die Krefelder Sozialdemokraten nehmen die Auseinandersetzung zum Anlass, einen Richtungsstreit in der CDU zu sehen: „Nach den diffusen Äußerungen einiger Uerdinger Christdemokraten fragt man sich, wer bei der CDU Krefeld eigentlich den Ton angibt. Ist es die CDU in Uerdingen? Ist es die sogenannte Werte-Uunion?“, ließ sich Vorsitzender Ralph-Harry Klaer zitieren. Der Krefelder SPD-Chef warnte die Christlich-Demokratische Union vor einem Rückzug: „Bisher haben die Christdemokraten die Arbeit des Integrationsrates in jeglicher Hinsicht mitgetragen. Ich erwarte, dass dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der gemeinsamen Erklärung von SPD, CDU, Grünen und FDP vom 5. Oktober 2018: ‚Demokratie braucht Demokratinnen und Demokraten‘ – auch zukünftig so bleiben wird.“

Weiterhin fügt Klaer an: „Es wurde gemeinschaftlich festgehalten, dass in unserer Stadt kein Platz für rechten, linken oder religiösen Extremismus oder Populismus, Antisemitismus, Rassismus, Fanatismus, Homophobie, Diskriminierung und Intoleranz ist.“

Der Krefelder FDP-Chef Joachim Heitmann bemängelt, dass es nichts bringe, sich mit Themen im Integrationsrat zu beschäftigen, die nicht in kommunaler Zuständigkeit liegen. Damit meint er das Stimmrecht für Nicht-EU-Bürger. Der Liberale regt einen Ausschuss für Migration und Integration an. Der Integrationsrat habe nur eine beratende Funktion. Im Ratsausschuss aber kämen die Themen Einwanderung und Integration zu kurz.

Markus Schön sagt: „Die Themen Integration, Migration, Schule, Bildung und Jugend sind schon im Zukunftsdezernat gebündelt. Es passiert schon viel in Krefeld. Das gilt es zu verstetigen und auszubauen.“