Sport Mit 71 Jahren ist Hans-Georg Berndt der ranghöchste Judo-Meister in Krefeld

Krefeld · Der Hülser ist seit 1964 aktiv und lehrt bis heute die Kampfkunst aus Japan. Seit November trägt er den Ehren-Gürtel des Verbands.

Judoka Hans-Georg Berndt trägt einen rot-weißen Ehrengürtel des Deutschen Judo-Bundes.

Foto: Mark Mocnik

Hans-Georg Berndt weiß noch, wie es war, als er dem Judosport verfiel. Auch, wenn dieser Moment schon fast sechs Jahrzehnte zurückliegt. Im Sommerlager der Pfadfinder machte zunächst ein Leiter Eindruck auf den jungen Krefelder. Er führte Übungen und Techniken vor, trug einen orangefarbenen Gurt. Wieder daheim entdeckte Berndt mit einem Schulfreund bei einem Bummel durch die Stadt das Buch „Neue Griffe und Kniffe im Jiu-Jitsu und Judo“ von Erich Rahn. Die Beiden blätterten durch das Werk, ahmten die Übungen nach. Auf dem Sprödentalplatz schulterte Berndt seinen Freund und warf ihn in die Büsche. Aus einem Spaß wurde ein Hobby. Im Herzen des Krefelders wuchs die Leidenschaft für den fernöstlichen, sanften Kampfsport.

1964 trat Berndt dem Polizeisportverein bei. Heute ist er Träger des 6. Dans, ein rot-weißer Ehren-Gürtel des Deutschen Judo-Bundes, verliehen für besondere Verdienste.

Kurz nach dem Vereinseintritt ging es zum ersten Training. „Ich bin daran hängen geblieben. Meine Schulkameraden sind nach der ersten Stunde nicht mehr wiedergekommen.“ Hans-Georg Berndt schon. Es war die Zeit, als für ihn eine lange Sportlerlaufbahn beginnen sollte. Er war noch keine 16 Jahre alt, als der Jugendliche mit dem Judo anfing: Fallen, immer wieder fallen. In den ersten acht Wochen machte Berndt auf Anweisung seiner Trainer nichts anderes. Das Stürzen und Abrollen ohne Schmerzen ist im Judo schon eine Kunst. Damit geht es los. Für seinen ersten Judo-Anzug sparte er 40 Mark zusammen, indem er Wäsche ausfuhr. Im Oktober 1964 durfte er dann endlich richtig mitmachen in der Trainingsgruppe.

Berndt trainierte viel, er brachte eine gute Kondition, Kraft und Technik mit. Zwischen 1964 bis 1973 kämpfte er auf Kreis- und Bezirksebene, die letzten zwei Jahre sogar für den BSC Remscheid in der Bundesliga. Doch Verletzungen warfen den gebürtigen Schleswig-Holsteiner immer wieder zurück. Nach einem Kreuzbandriss trug er 14 Wochen Gips. Seine Elle wurde in einem Kampf ramponiert, stand schief ab. Der Meniskus riss. Nach einer Blutvergiftung entkam er so gerade noch dem Tod. Berndt war kein Spezialist in einer Sportart: „Ich hatte von allem etwas. Ich hatte relativ viel Kraft, musste als Kind Kohlen aus dem Keller heraufschleppen. Außerdem habe ich gerne gerauft.“

1972 bestand Berndt die erste Dan-Prüfung, trug erstmals den schwarzen Gurt. Bis heute kamen noch vier weitere Dan-Titel hinzu. Zwei Jahre später heiratete er im Alter von 26 Jahren. Der Judoka ging ins Lehrwesen über, wurde Hilfstrainer im Verein, später Übungsleiter. In den 1980er Jahren absolvierte er den Trainer-Fachschein für Judoka. Weitere Dan-Prüfungen schaffte er im Abstand mehrere Jahre. Seit 1997 ist er Judo-Lehrer. Ab 1996 fungierte er auf Kreisebene schon als Schwarzgurt-Prüfer, bereitet als Lehrgangsleiter auch Judokas auf der Wewelsburg auf die Dan-Prüfungen vor. Berndt ist im Judo-Kreis Krefeld, der sich im Süden von Jüchen bis Xanten im Norden zieht, einer von 132 Dan-Trägern und dabei ihr Vorsitzender. Noch vor wenigen Jahren verbuchte der Krefelder Erfolge: 2010 wurde er Westdeutscher Meister, 2008 Vierter bei der DM im Kata, dem Formenlauf, einer Technik-Vorführung.

Seinen Sport will er nicht mehr missen: „Er ist sehr vielseitig, ein Ganzkörpersport. Nebenbei lernt man noch Japanisch. Ich kenne bestimmt jetzt 200 Vokabeln.“ Auch im Alter sei Judo hilfreich: „Man bleibt gelenkig. Wurfansätze und das Eindrehen sind immer eine gute Übung.“ Drei seiner vier Kinder haben jedoch andere Wege im Sport beschritten. Immerhin sein Sohn Norman ist Sportlicher Leiter für Erwachsene im Judo beim Hülser SV. Keiner seiner zwölf Enkel wollte auf die Matte: „Da habe ich keine Werbung gemacht“, scherzt Berndt.

Heute trainiert er eine Judo-Gruppe in der Turnhalle an der Gladbacher Straße. Als die Zeitung kommt, nimmt er sich fast eine Stunde Zeit. Zum Abschied sagt er noch: „Schreiben Sie es nicht zu protzig.“