Mordversuch: Wohnungstür mit Benzin angezündet
Landgericht: Ein 44-Jähriger soll seine Ex-Freundin schikaniert, bedroht und attackiert haben.
Krefeld. Schon seit Monaten lebte Julia Weber (31, Name von der Redaktion geändert) nur noch in Angst. Selbst zu Hause fühlte sie sich nicht mehr sicher. Ihr Ex-Freund habe sie immer wieder bedrängt, pausenlos Nachrichten geschickt, ihr aufgelauert, sogar ihre Wohnungstür eingetreten.
Zum Höhepunkt der Angriffe aber soll es am 22. August vergangenen Jahres gekommen sein: Morgens um 8.30 Uhr schoss plötzlich eine Flüssigkeit unter der Tür in die Wohnung. „Ich dachte noch: Hat die Putzfrau Wasser ausgeschüttet?“, sagt die 31-Jährige gestern vor dem Landgericht. Doch es ist kein Wasser. Es ist Benzin, das sofort angezündet wird. Nur Sekundenbruchteile später blickt Julia Weber auf eine Flammenwand, rettet sich schreiend mit den drei Kindern (3, 5 und 12) ins Schlafzimmer. Ein Bekannter, der seit Tagen als Bewacher in der Wohnung ist, kann die Flammen löschen.
Eine heimtückische Tat, findet die Staatsanwaltschaft, die den mutmaßlichen Täter Thomas H. (44) wegen versuchten Mordes an seiner Ex-Freundin und versuchter schwerer Brandstiftung mit Todesfolge an den Kindern angeklagt hat. Seit gestern muss sich der Krefelder vor der zweiten großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Am ersten Prozesstag schweigt der mehrfach vorbestrafte Mann zu den Vorwürfen.
Zu seinem Leben hingegen macht der Sonderschüler, der sich mit Jobs als Lkw-Fahrer und in Fabriken über Wasser hielt und seit fast 20 Jahren aufgrund einer Krankenheit als unvermittelbar gilt, Angaben. Nach zwei gescheiterten Ehen hatte er zu der 31-Jährigen gefunden. Die erklärte im Zeugenstand, von dem 44-Jährigen geschlagen worden zu sein. Nach dem dritten Übergriff im April 2013 habe sie H. aus der Wohnung werfen wollen — doch der weigerte sich. Einen Monat zog sie mitsamt Kindern deshalb selbst aus. Gegen den 44-Jährigen erwirkte sie sogar eine einstweilige Verfügung. Doch der habe ihr ständig nachgestellt, sie immer wieder angerufen, ihr Nachrichten per Facebook, Whatsapp und SMS geschickt, sogar mit Hinweisen auf angezündete Menschen. Er habe ihr aufgelauert, wenn sie mit Sohn und Tochter zum Kindergarten ging. Die Angst war so groß, dass ihr bester Freund bei ihr Wache schob.
So auch am 22. August, dem Tag des Brandanschlags. Sie hätten noch jemanden vor der Tür bemerkt, Schatten an der Türritze gesehen. „Doch es hätte auch die Putzfrau sein können“, so die 31-Jährige. Nach der Attacke war H. laut Anklage in der Nähe in einem Versteck gefunden worden. In seinem Keller fand sich ein fast leerer Benzinkanister.
Der Angeklagte gab gestern an, seit Anfang der 90er Jahre Drogen genommen zu haben — Amphetamine und in den vergangenen Jahren auch Kokain. Das wollte ihm der Richter nicht so recht abnehmen, könnte sich der 44-Jährige doch dadurch ein milderes Urteil erhoffen. Prompt verwickelte H. sich bei Angaben zu konsumierten Mengen in Widersprüche.
Der Prozess wird fortgesetzt.