Fußball Spielabbruch - Anzeige gegen Schiedsrichter

Krefeld · Ein Unparteiischer soll Hilfe unterlassen haben. Die Arbeitsgruppe „Keine Gewalt gegen Schiedsrichter“ setzt sich zur Wehr.

An Schiedsrichtern entlädt sich oft Unzufriedenheit von Spielern und Trainern.. Foto: imago

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Verkehrte Welt auf dem Fußballplatz. Ein Krefelder Schiedsrichter, der ein Spiel im Juniorenbereich geleitet hatte, muss sich nun der Polizei erklären. Ein Zuschauer habe gegen ihn eine Anzeige erstattet. Der Vorwurf lautet: Unterlassene Hilfeleistung. Dabei habe sich der Unparteiische gar nichts zu Schulden kommen lassen, sagt der langjährige Schiedsrichter-Beauftragte und Mitglied der Arbeitsgruppe „Keine Gewalt gegen Schiedsrichter“, Thomas Kirches.

Er sieht darin eine neue Front gegen die Unparteiischen. Zugetragen hat sich der Vorfall laut Fußball Verband Niederrhein im September bei den C-Junioren in der Niederrheinliga. Das Spiel SC Bayer Uerdingen gegen Tura Duisburg endete mit Spielabbruch. Der Duisburger Trainer habe nach einem Foulspiel aus Wut den Platz gestürmt. Die Spruchkammer hat die Partie bereits für Uerdingen gewertet. Ein ordentliches Gericht befasst sich nun mit der Anzeige. Der Vater eines gefoulten Spielers soll den Schiedsrichter angezeigt haben.

Junger Schiedsrichter muss bei der Polizei aussagen

Kirches schildert noch einen anderen Fall.  Einem Schiedsrichter in Krefeld sei nach einem Kreisliga-Spiel sogar „lauthals eine Anzeige angekündigt“ worden, so erzählt es Kirches, der nah am Thema dran ist. Unparteiische, die unter Druck gesetzt werden, die zu Unrecht zu Tätern gemacht würden. Kirches will dagegen vorgehen und sagt: „Das geht überhaupt nicht. So eine Entwicklung müssen wir sofort unterbinden. Sonst können wir den Laden dichtmachen.“ Der junge Schiedsrichter muss bei der Polizei aussagen. Thomas Kirches fordert mehr Respekt für seine Kollegen: „Wir fordern Anstand. Ein Schiedsrichter pfeift als Hobby für ein paar Euro und muss sich dann auch noch einen Anwalt nehmen, um sich gegen eine solche Klage zu verteidigen.“

Der Fußball Verband Niederrhein kennt die Problematik auf seinen Plätzen. Die Aggression gegenüber seinen Schiedsrichtern. FVN-Sprecher Henrik Lerch sagt: „Es ist alles sehr bedauerlich. Diese Dinge sind leider nicht neu. Wir können Schiedsrichter vorbereiten und schulen, dass sie deeskalierend auftreten. Wenn die Hemmschwellen subjektiv fallen und die Autorität des Schiedsrichters nicht gewahrt wird, ist es eine traurige Entwicklung. Jeder Fall ist schlimm.“ Auch Andreas Thiemann, Vorsitzender des Verbandsschiedsrichter-Ausschusses, sagt: „Das ist ein neues Phänomen. Es ist nicht im Sinne des Spiels, vor allem wenn ein Schiedsrichter sich regelkonform verhalten hat. Er entscheidet mit bestem Gewissen. Da sollte man keine Absicht unterstellen.“

Kirches will mit seinen Kollegen gegen „Falsche Verdächtigungen und Verleumdung“ vorgehen: „Wir werden künftig die Spruchkammer-Sitzungen abwarten, um den genauen Sachverhalt zu wissen. Wenn eine Anzeige daneben ist, werden wir künftig gegen den Erstatter vorgehen. Die werden dann juristisch ein Problem kriegen.“

Darüber hinaus will Kirches mit seiner Arbeitsgruppe auch selbst Anzeige erstatten und die Vergehen gegen seine Kollegen der Staatsanwaltschaft melden, wenn ein Schiedsrichter auf dem Platz oder neben dem Feld körperlich attackiert würde, sofern sich der Fall in der Spruchkammer bestätigt. Kirches sieht darin Vorteile: „Dann würde die bisherige Anzeigepflicht durch den Schiedsrichter entfallen und dieser wäre nur noch Zeuge des Verfahrens. Somit wäre der Bedrohung des Schiedsrichters zur Vermeidung einer Anzeige der Boden entzogen.“

Immerhin dürfen die Unparteiischen bald auf Unterstützung durch den Verband auch abseits des Platzes hoffen. Henrik Lerch: „Unsere Schiedsrichter sind versichert. Für solche besonderen Fälle wird über eine Rechtsschutz-Versicherung nachgedacht.“