Prostitution Neues Gesetz soll mehr Schutz für Sexarbeiterinnen bieten

Wohnungsprostitution ist kriminell - und vielerorts ein Problem. Ab dem 1. Juli können die Behörden gezielter dagegen vorgehen. Ein Beispiel aus Krefeld.

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Krefeld. Menschenunwürdig — aus gesundheitlicher, hygienischer und aus sozialer Sicht: Die Zustände, unter denen Prostituierte ihre sexuellen Dienste anbieten, bleiben fast immer im Verborgenen. Nicht angemeldete Wohnungsprostitution ist kriminell, verboten, und sie ist auch in Krefeld ein Problem. Eins, das die Stadt ab dem 1. Juli neu angehen kann — und muss. Dann gilt bundesweit das neue Prostituiertenschutzgesetz. Das schreibt unter anderem vor, dass Betreiber von Bordellen, aber auch anderer Prostitutionsstätten, eine behördliche Erlaubnis brauchen und ihr Gewerbe bei der Stadt anmelden müssen.

Was sich zwischen Seidenstraße und Alter Linner Straße hinter verschlossenen Türen abspielt, sei schockierend, betont CDU-Ratsfrau Simone Roemer: „Vergammelte Wohnungen, viele der Frauen arbeiten ohne Kondome. Das ist sexuelle Ausbeutung — und kaum einer schaut hin“, sagt Roemer, die sich selbst von der Situation vor Ort überzeugt hat. Die Politikerin hat sich den Kampf gegen die „schockierenden Zustände“ für Sexarbeiterinnen in Krefeld auf die Fahnen geschrieben und begrüßt das neue Gesetz. Danach besteht auch für Frauen, die ihre sexuellen Dienste anbieten, künftig eine Meldepflicht bei der Stadt. Damit einhergehen soll eine medizinische sowie psychosoziale Gesundheitsberatung der Prostituierten. „Zum Schutz der Frauen ist das ein großer Fortschritt“, findet Roemer.

Auch Ulla Dietz und Tanja Himer sehen das Prostituiertenschutzgesetz vor allem positiv. Die Vorsitzende und die Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) setzen sich mit ihren Mitarbeiterinnen für die psychosoziale Betreuung von Sexarbeiterinnen in Krefeld ein. Himer vermutet, dass gut 90 Prozent der Frauen wegen wirtschaftlicher Zwänge, aber auch psychischer und körperlicher Gewalt zur Ausübung ihrer Arbeit gezwungen werden.

Im Ordnungsausschuss hatte Himer die Zahl derer, die sich in den Wohnungen in den polizeibekannten Straßenzügen prostituieren, im Dezember vergangenen Jahres mit 40 beziffert, die Fluktuation sei hoch. Der Großteil der Frauen spreche kein Deutsch, sei jung und aus Rumänien, die Altersspanne liege zwischen 18 und 40, schätzt Himer. Ende April hatten Stadt, Polizei und Zoll bei Einsätzen gegen unerlaubte Wohnungsprostitution 13 Frauen in zwölf Häusern angetroffen. „Aktuell dürften keine Wohnungen mehr illegal zur Prostitution genutzt werden“, betont Polizeisprecherin Karin Kretzer den Erfolg im Rahmen des Polizei-Präsenzkonzeptes gegenüber der WZ.

Eine Momentaufnahme, die SkF-Vorsitzende Ulla Dietz nicht weiter verwundert. Wegen des Prostituiertenschutzgesetzes sei „die Szene momentan sehr unruhig“, glaubt Dietz. Die Pflicht, Prostitution künftig als Gewerbe anzumelden, könnte eine Verdrängung der Sexarbeit in andere Städte zur Folge haben, fürchtet auch SkF-Geschäftsführerin Himer. Dennoch befürworten beide das neue Gesetz. Auch, weil es an die psychosoziale Arbeit anknüpft, die SkF und Stadt gemeinsam seit eineinhalb Jahren als freiwillige Leistung anbieten.

Seit Januar 2016 ist eine Sozialarbeiterin mit dem „Prostimobil“ in Krefelds Rotlicht-Milieu unterwegs. Die politische Situation sei damals, vor der Ausweitung des Sperrbezirks, angespannt gewesen: Anwohner hatten sich „massiv vom Straßenstrich an der Neuen Ritterstraße gestört gefühlt“, sagt Dietz. Für die Frauen ist das Angebot eine Möglichkeit, über „Sorgen, Nöte und Probleme zu sprechen“, ergänzt Himer. „Im Milieu gibt es kaum vertrauenswürdige Kontakte, bei uns fühlen sie sich verstanden.“

Verschuldung, eine Anmeldung bei der Krankenkasse, auch der Weg aus der Szene sind Themen bei den Gesprächen im „Prostimobil“. „In drei Einzelfällen ist ein Ausstieg gelungen.“ Für Dietz ist die Arbeit der vergangenen eineinhalb Jahre „ein großer Erfolg, auch wenn wir damit nicht alle Frauen erreichen können“.

Wie diese Arbeit ab dem 1. Juli weitergeht, ist derweil noch nicht geklärt. Von der Stadt heißt es dazu knapp, die Fachbereiche Gesundheit, Ordnung, Soziales und Bauaufsicht befassten sich aktuell mit dem neuen Gesetz und wollen am 22. Juni im Verwaltungsausschuss ihre Ergebnisse vorstellen. SkF-Vorsitzende Ulla Dietz spricht von einem „großen Arbeitsauftrag“ für die Stadt. Auch CDU-Frau Simone Roemer sieht „große Herausforderungen, auch weil viele der Mädchen kaum Deutsch sprechen“. Trotzdem ist sie „zuversichtlich, dass die Stadt die Umsetzung des Gesetzes bewältigen kann“.