Radio/Fernsehen "O sole mio" gibt’s bei Stümges oben drauf

Seit den 70ern verkauft Horst Stümges Fernseher und Musikanlagen an der Hülser Straße.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. „Das Bild fällt einfach aus, und ich höre die Leute nur noch reden“, erklärt Simone Schmitz, während ein Bekannter ihr dabei hilft, ihren circa sieben Jahre alten Flachbildfernseher in das urige Ladengeschäft von Horst Stümges zu tragen. An der Hülser Straße 540 trifft Moderne auf alte Klassiker. Längst aus den Wohnzimmern verbannte Röhrenfernseher, Radiogeräte aus den 40er-Jahren oder Plattenspieler aus den 60ern stehen im Inneren, während im Schaufenster drei nigelnagelneue TV-Geräte um Kunden werben.

Der Fernseher mit den Ausfall-erscheinungen steht mittlerweile sicher in dem Fachgeschäft, und Horst Stümges hört aufmerksam zu, während die Kundin die Macken des Gerätes ausführlich umschreibt. „Ich habe den Eindruck, dass was mit dem Netzteil nicht in Ordnung sein könnte“, ist die Erstdiagnose des 72-Jährigen, der im Stadtteil Inrath aufgewachsen ist, in seiner Jugend bei den Messdienern und Pfadfindern war. Viel habe sich verändert, seitdem der Meister für Radio- und Fernsehtechnik sein eigenes Geschäft eröffnet hat.

Die Metzgerei und der Lebensmittelmarkt mussten schließen, und auch die Kneipenlandschaft im Stadtteil habe sich verändert. Das klingt nach „früher war alles besser“, aber Horst Stümges ist nicht stehen geblieben. Er macht einfach weiter das, was er an seinem Beruf mag. „Ich setze mich gerne in Ruhe hin und überlege, wie ich das reparieren kann“, sagt der 72-Jährige.

In seiner Werkstatt im hinteren Teil seines Ladens hat er ein umfangreiches und gut sortiertes Sammelsurium an Ersatzteilen für alle möglichen Geräte. „Heute habe ich einen Plattenspieler repariert, aus dem plötzlich Rauch kam.“ Für den 72-Jährigen ist es wie eine kleine Offenbarung, dass es in Zeiten der Digitalisierung immer mehr Musikliebhaber zurück zum analogen Höhrvergnügen zieht und Kunden mittleren Alters zu ihm kommen, die das „leise Rauschen und Knistern“ eines Plattenspielers zu schätzen wissen.

„Es ist unheimlich. Als die CD kam, ist alles weggeschmissen worden“, sagt Stümges. Er habe schon in den 80er-Jahren seinen Kunden gesagt, dass der Klang bei einer CD wegen fehlender Frequenzen nicht mit dem einer Schallplatte mithalten kann. Die Ersatzteile für seine Reparaturarbeiten bestellt Stümges in einem Ersatzteillager in München. Bei seltenen, alten Teilen fragt er auch Kollegen aus der Umgebung. Die werden aber immer weniger.

Ein wenig Wehmut klingt natürlich mit, wenn der 72-Jährige Kollegen aufzählt, die ihre Geschäfte schließen mussten oder verstorben sind. Denn nach Stümges ist das Fachgeschäft für Hifi- und TV-Technik ein selten gewordene´s Relikt vergangener Zeiten geworden. „Der Austausch von Teilen des Bildschirms kostet heutzutage so viel wie drei neue Fernseher“, erklärt Stümges.

Früher habe er Röhrenfernseher ausgeliefert und aufgebaut, heute würden die Leute ihre Flachbildfernseher selber aus den großen Elektronikmärkten tragen. Wenn es dann jedoch mit der Technik hakt, hat Horst Stümges ein offenes Ohr. „Viele sagen, dass sich eine Reparatur nicht lohnt, aber ich habe keine Lust, Elektroschrott zu produzieren und mir einfach ein neues Gerät zu kaufen“, sagt Simone Schmitz, deren Fernseher von Stümges mit einem kleinen Zettel versehen wird, um ihn dann später genauer zu inspizieren.

Neben dem Reparaturservice bietet der 72-Jährige auch eine Art An- und Verkauf mit dem gewissen Extra an. „Ich repariere alte Geräte für meine Kunden und biete sie in meinem Geschäft zum Verkauf an.“ Geht eins der alten Schätzchen über die Ladentheke, wird der Erlös aufgeteilt. Erst vor kurzem habe Stümges eine alte Kompaktanlage von Sony für 800 Euro verkauft. Die habe damals noch 24 000 D-Mark gekostet.

Wenn Horst Stümges zeigen möchte, wie viel Wumms in Musikanlagen stecken kann, die gut 50 Jahre auf dem Buckel haben, dann legt er eine Single auf, und der Gassenhauer „O sole mio“ erklingt in angehobener Lautstärke. Stümges schmunzelt und sagt: „Das war früher unsere Party-Musik.“