WZ-Serie Leben am Ring Olaf Schliepers Leidenschaft für Holz

Olaf Schlieper betreibt mit seiner kleinen Werkstatt an der Ritterstraße die letzte gewerbliche Drechslerei in Krefeld.

Krefeld. Zuerst fällt der Geruch auf. Es ist dieser Duft nach frisch gesägtem Holz, der einem schon beim Öffnen der Tür entgegenschlägt. Irgendwie vertraut und gemütlich riecht es in der kleinen Werkstatt, aber auch staubig. Kein Wunder, bei all dem Holzstaub und Sägespänen, die stellenweise zentimeterhoch den Boden bedecken. Selbst auf der Brille von Olaf Schlieper, Inhaber der kleinen Drechslerei, ist eine dünne Schicht Staub zu erkennen. „Wir sind die letzte gewerbliche Drechslerei hier in Krefeld“, erzählt Olaf Schlieper, der wenige Minuten vorher noch an der Drehbank stand.

„Heinrich Schlieper Drechslerei“ steht vorne am Tor der Ritterstraße 295, ein Familienbetrieb. „Ich habe die Werkstatt 2004 von meinem Vater übernommen“, sagt Schlieper.

Doch der Vater ließ es sich bis vor kurzem nicht nehmen, weiter in dem Betrieb zu arbeiten. Genau so wenig wie seine Frau Margret, die nun als einzige Mitarbeiterin ihres Sohnes mit ihm den Laden schmeißt. „Mein Vater hat ein neues Hüftgelenk bekommen, sonst würde er jetzt auch hier sein.“

Die Geräte in der Werkstatt sind allesamt nicht besonders neu oder modern. Bei Schlieper geht es noch um das Zusammenspiel von Mensch und Maschine. Drei Handdrehbänke stehen in dem Meisterbetrieb, dazu zwei Kopierautomaten und klassische Maschinen aus dem Schreinerhandwerk, wie Kreissäge und Hobelmaschine.

Interessant ist besonders die Arbeitsweise der Kopierautomaten. „Ich drechsle von Hand eine Vorlage und der Automat tastet diese ab und überträgt das Muster auf einen Rohling.“ All das funktioniert hydraulisch, ohne Computersteuerung. „Natürlich gibt es in meinem Gewerbe auch moderne CNC-Fräsen, aber die könnte ich mir eh nicht leisten und ich drechsle schneller, als ich so ein Ding programmiert hätte.“

Am lukrativsten ist es für Olaf Schlieper Möbelfüße, Treppen, Geländerstäbe und Dekoartikel für den Laden- und Messebau in großer Stückzahl herzustellen. Natürlich gibt es auch immer einmal wieder Wünsche von Kunden, die Wert auf Unikate und Handarbeit legen. „Ich habe schon massive Holzkugeln mit einem halben Meter Durchmesser angefertigt, oder riesige Schalen und aufwendige Treppengeländer.“

Für seine Produkte verwendet der Drechslermeister fast ausschließlich das Holz von Laubbäumen. Es sei dichter gewachsen und lasse sich besser verarbeiten. Ungefähr zwei bis drei Kubikmeter Holz werden in der Drechslerei Schlieper jeden Monat verarbeitet — verschwindend wenig im Vergleich zu dem Umsatz, der in der Möbelindustrie gemacht wird. Dafür hat Olaf Schlieper in seiner Drechslerei bei jedem Arbeitsschritt die Hände im Spiel. „Wir schaffen etwas Bleibendes und das jeden Tag“, sagt Schlieper. „Ich liebe den Umgang mit dem Material. Da steckt so viel Leben drin.“

Diese Leidenschaft zum Detail und Holz ist wohl auch der Grund, warum die Drechsler noch lange nicht der Vergangenheit angehören. „Die Hobbyszene ist heutzutage größer als die gewerbliche.“ Doch während Hobbyhandwerker abends entspannt die Drehbank anwerfen, hängt Olaf Schliepers Existenz davon ab. „Die goldenen Zeiten für kleine Handwerksbetriebe sind vorbei. Es wird immer schwerer, sich über Wasser zu halten.“

Auf die Frage, ob er dieser Arbeit noch bis ins Rentenalter nachgehen möchte, entgegnet der 49-Jährige nur: „Ich muss. Aber ich bin natürlich auch froh, mein eigener Herr zu sein. Wenn viel zu tun ist, würde ich mich nur manchmal gerne klonen.“ Ein Bürojob würde zu ihm sowie nicht passen. Dann lieber zwischen Holzklötzen und Spänen arbeiten, mit der Wärme im Nacken, die der schwarze, mit Holzresten befeuerte Ofen abgibt.