Pädophiler auf der Flucht
Der 64-jährige Rolf K. erschien gestern nicht vor dem Richter. Nun wird er per Haftbefehl gesucht.
Krefeld. Der Angeklagte hatte weder verschlafen noch lag er krank in seinem Bett. Warum also blieb die Anklagebank leer und ein Verteidiger ratlos zurück? Noch Tags zuvor hatte der 64-jährige Rolf K. seinem Anwalt erklärt, er werde in jedem Falle vor dem Landgericht erscheinen. Dort hatte er sich wegen sexuellen Missbrauchs an einem vierjährigen Mädchen zu verantworten.
Als er jedoch nicht kam und auch die ausgerückte Polizei zwei Stunden später ohne den Mann aus dessen Wohnung zurückkehrte, beantragte die Staatsanwältin einen Haftbefehl: „Nach den letzten Ereignissen müssen wir in Betracht ziehen, dass der Mann auf der Flucht ist.“
Der Krefelder ist den Strafverfolgungsbehörden schon lange kein Unbekannter mehr. Wie berichtet, war Rolf K. bereits vor zwölf Jahren wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden.
Im Februar dieses Jahres verhängte das Landgericht in einem weiteren Missbrauchsfall gegen Rolf K. eine Gefängnisstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Danach hatte er sich in mindestens fünf Fällen an seinem zehnjährigen Stiefneffen vergangen. Der Angeklagte jedoch war sich nach eigenen Aussagen keiner Schuld bewusst gewesen und hatte erklärt, dass er nie etwas gemacht hätte. Er legte Revision gegen das Urteil ein. Deshalb blieb er die letzten sechs Monate bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes auf freiem Fuß. Die kam nun in dieser Woche und bestätigte das Urteil des Krefelder Landgerichtes.
Nach Aussagen des Verteidigers habe Rolf K. erst am Vortag erfahren, dass er nun tatsächlich für vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis muss. Dass der nun seinen Prozesstermin nicht vergessen, sondern wohl eher Anlass zur Flucht gesehen hatte, sah auch die Richterin und folgte dem Antrag der Staatsanwältin. Sie setzte das „Verfahren ohne Angeklagten“ aus und erließ Haftbefehl. Außerdem verfügte sie die Vorführung des Angeklagten, sobald man ihn gefasst habe.
Da nicht davon auszugehen ist, dass der als uneinsichtig bekannte Angeklagte die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs einräumt, wird dann wohl auch das inzwischen fünfjährige Mädchen für seine Befragung wieder vor Gericht mit einer Betreuung erscheinen müssen.