Paramenten-Weberei: Ein Schatz-Koffer aus Amerika

Jane Gotzes-Golz kam in die Heimatstadt ihres Großvaters. Im Gepäck: wertvolle alte Unterlagen und Stoffproben.

Krefeld. Es ist eine Geschichte wie aus dem Bilderbuch, und der Koffer, den die Gäste aus Amerika hereinrollen, erweist sich als wahre Schatztruhe. Genau 100 Jahre, nachdem Hubert Gotzes, der Gründer und Chef der Krefelder Paramenten-Weberei, begann, seine wertvollen Gewänder in Chicago zu vertreiben, kommen seine Nachfahren nach Krefeld.

Der Firmenchef hatte 1918 seinen Sohn — ebenfalls ein Hubert — nach Amerika entsandt, um dort nach dem Rechten zu sehen. Der blieb, gründete eine Familie — und am Wochenende kam seine Enkelin Jane Gotzes-Golz mit Ehemann Jim, Sohn Parker (17), Tochter AJ (14) samt besagtem Koffer. Dass diese Familie heute in Charlotte, der Partnerstadt Krefelds lebt, stellt ein weiteres Kapitel in der Bilderbuchgeschichte dar.

Apropos Buch: Im Gepäckstück befinden sich alte Unterlagen und Stoffproben. Hansgeorg Hauser, der die Gäste im Südbahnhof empfängt, weil das Gotzes-Stammhaus, das heutige Haus der Seidenkultur an der Luisenstraße, saniert wird, kann nur eines sagen: „Das ist wunderbar.“

Auf dem Tisch liegen bald Bilder von Messgewändern, die auch der Papst trug, und Fotos vom Geschäft in Chicago. Alte Bücher und Rechnungen im Original sind dabei und vor allem wertvolle Stoffproben mit Handstickereien, Vorlagen für Messgewänder und Partien der Priesterkleidung.

„Dies ist ein ganzes Rückenteil“, stellt Hauser fest. Und: „Diesen Samt haben wir auch noch.“ Ein anderes Stoffstück ist aus dem Jahr 1715 datiert. „Das wurde bestimmt restauriert“, erklärt der Fachmann.

Die Brokate schimmern in Schwarz und Silber, Rot und Gold, oft mit Petit-Points-Stickerei auf der Seiden-Gaze. Ein anderes Bild zeigt „Catholic Church Goods“. Denn die Krefelder Firma hat nicht nur Paramente nach Amerika gebracht, sondern auch kirchliche Gegenstände aus Glas oder Edelmetall und ganze Gotteshäuser ausgestattet.

Wenig später hält die Amerikanerin mit deutschen Wurzeln ein Blatt mit einem gezeichneten Engel in Händen. „Dies ist der Entwurf für ein Kirchenfenster“, erzählt sie. „Gotzes arbeitete auch mit anderen Betrieben zusammen.“

Das Schöne an den Erinnerungsstücken: Jane Gotzes-Golz überlässt die Zeugnisse der Familien-Geschichte, die auch gleichzeitig ein Teil der Krefelder Geschichte der Samt- und Seidenbarone ist, dem Haus der Seidenkultur. Sie hat auch einige Anekdoten für die Krefelder Verwandten parat.

Eine davon: „Als meine Eltern in Chicago heirateten, sahen sie, dass die drei Priester, die sie trauten, Gotzes-Messgewänder trugen.“

Der Krefelder Zweig der Familie ist mit Stephan Gotzes, seiner Mutter und Schwester Andrea McKay vertreten. Gemeinsam werden einige Stunden lang Informationen ausgetauscht, und es wird in Erinnerungen geschwelgt. Die Familiengeschichte bleibt lebendig.