Porträt: Diana Drechsler - Ein wandelndes Märchenbuch
In der fantasievollen Welt von Erzählerin Diana Drechsler verzichten Kinder gern auf Playstation und Computer.
Krefeld. Am Ende wird immer alles gut. Vielleicht ein Grund, warum Diana Drechsler so gerne Märchen erzählt? „Für mich ist das auch eine Art Erholung. Ich genieße es, in der Märchenwelt zu sein“, sagt die 41-Jährige.
Und ihr Publikum lässt sich gerne mitnehmen in diese alte Welt, in der es Gut und Böse gibt, Zauberer, Prinzessinnen und Prinzen, die gegen Drachen kämpfen. „Am Ende heiratet immer irgendjemand bei mir“, fällt Diana Drechsler auf. Doch das sei nicht das Wichtigste. Denn bis am Ende dann wirklich alles gut ist und Prinz und Prinzessin heiraten, ist es ein weiter Weg.
„Es geht um die Bereitschaft, etwas für sein Ziel zu tun“, sagt Drechsler. „Die Kinder brauchen das heutzutage, das Mutmachen und Durchhalten, auch wenn es Probleme gibt“, ist Drechsler überzeugt.
Um diese Märchenwelt für ihr Publikum zu erschaffen, braucht sie nicht viel: Eigentlich benötigt sie nur sich selbst und ihre Musikinstrumente. Natürlich darf auch ein bisschen märchenhafte Dekoration nicht fehlen. Spektakuläre Licht- und Videoshows oder andere Effekte sucht man vergebens. Diana Drechslers Märchenwelt entsteht allein aus den Geschichten, die die gebürtige Dortmunderin frei erzählt.
Auch diese in der heutigen Zeit vergleichbar einfachen Mittel reichen aus, um Kinder und Erwachsene in den Bann der Märchenerzählerin zu ziehen. „Die saugen das auf wie ein Schwamm“, sagt Drechsler über ihr Publikum. Märchenerzählen altmodisch? „Nein, das ist sogar ziemlich im Kommen“, ist sich die 41-Jährige sicher.
Ihr Erfolg mag ihr recht geben. Die Märchenerzählerin tritt nicht nur regelmäßig in der Krefelder Fabrik Heeder auf. Auch in Düsseldorf im Theateratelier Takelgarn ist sie ein häufiger Gast. Hinzu kommen Auftritte in ganz Deutschland, etwa in Hamburg, auf Föhr oder beim Märchenfest in Neukirchen-Vluyn.
Hochsaison ist in den Monaten rund um Weihnachten. „Da trete ich sieben Tage die Woche auf und manchmal auch zwei bis drei Mal am Tag“, sagt Drechsler.
Die Waldorfpädagogin arbeitet seit dem Jahr 2001 als freiberufliche Märchenerzählerin. Zudem gibt sie Musikunterricht, bietet Kurse im afrikanischen Trommeln an und ist ausgebildete Clownin. „Ich brauche die verschiedenen Sachen. Ich bin immer das, was ich gerade mache“, sagt sie. Wobei ihr das freie Erzählen am meisten Spaß macht. „Ich bin ein wandelndes Märchenbuch“, sagt sie über sich selbst.
Die Geschichten studiert sie durch mehrfaches Lesen ein. Ein Buch gibt es in ihren Märchenstunden nicht. „Ich bin dann nicht nur auf das Buch fixiert und kann auch die Kinder einbinden.“ Zwischen 50 und 100 Märchen, schätzt Drechsler, hat sie im Laufe der Zeit einstudiert. „Ich kann mehrere Stunden am Stück erzählen, ohne mich darauf vorzubereiten.“
Das, was sie erzählt, wird schon seit Hunderten von Jahren erzählt. „Ich erzähle alte, traditionelle Märchen“, sagt sie. An den Inhalten ändert sie nichts — macht sie nicht blutrünstiger, gruseliger oder moderner. Und auch das nehmen die Kinder von heute an. Die Generation, die mit Handys, Playstations und Computern aufwächst, lauscht Diana Drechslers Geschichten. „Ich bin eh der Meinung, dass die Kinder heutzutage reizüberflutet sind.“
Sie glaubt, dass es die Mischung ist, die sie zu einer guten Märchenerzählerin macht. Die Mimik — die sie in ihrer Clownausbildung einstudiert hat —, die Musik, die Atmosphäre und der Spaß, den sie selbst beim Erzählen der Märchen hat. Vielleicht ja auch, dass sie manchmal selbst gerne eine Prinzessin wäre . . . und sie lebte glücklich bis an ihr Lebensende.