Ramadan bedeutet Verzicht, aber auch gute Planung

Mehr Zeit für Religion und Familie: Sümeyye Okuyucu hat sich für den Fastenmonat einiges vorgenommen.

Foto: Andreas Bischof

Es ist wieder soweit. Der schönste Monat des Jahres ist da. Ramadan. Es ist der Monat des Fastens. Bin ich vorbereitet, frage ich mich. Zeit hatte ich genug seit letzten Ramadan. Kann man Fasten verlernen, frage ich meinen Mann. Er lächelt. „Du nicht, aber eventuell der Körper“, antwortet er. Bist du bereit, frage ich ihn. „Ich freue mich und du?“ Ich nehme mir zu Ramadan so einiges vor: Gemeinsames Fastenbrechen mit Familie und Freunden, wenig Zeit mit weltlichen Dingen verbringen, mehr Zeit für Gottesgedenken und Reumütigkeit stehen auf meiner Liste.

Ich will mehr Koran lesen und an gemeinsamen Gebeten teilnehmen.

Schaffen wir das mit einem Vollzeit-Job? Wir haben ja sonst immer Zeit für unser weltliches Wohlbefinden, warum nicht für das Jenseits? Wir nehmen uns immer die Zeit, wenn wir unbedingt etwas unternehmen wollen. Zeit ist für uns sehr wertvoll. Gemeinsame Unternehmungen werden Wochen vorher eingeplant, damit man diese geplante Zeit nicht anders gestaltet.

Planen wir mehr Zeit für unseren Schöpfer, frage ich mich. Genau in diesem Monat will ich mehr Zeit meinem Schöpfer widmen. Ich habe es mir fest vorgenommen. Ich fange damit an, jeden Tag 20 Seiten aus dem Koran zu lesen. Nicht nur das Arabische lesen, sondern auch die deutsche oder türkische Übersetzung heranziehen. Der Koran soll verstanden werden. Je mehr ich mich damit beschäftige, umso mehr finde ich meine innere Ruhe und Kraft.

Meine Aufregung ist so groß, dass ich den Wecker bereits nachmittags auf 3.30 Uhr stelle. Bis 4.05 Uhr dürfen wir am ersten Tag essen. Zum Sahur sollte man aufstehen. Genau hier liegt die Besonderheit des Ramadan. Es unterscheidet sich von allen anderen Fastenarten. Mitten im Tiefschlaf aufstehen und mit halbgeschlossenen Augen etwas zu sich nehmen. „Ich könnte nicht mitten in der Nacht aufstehen und was essen und direkt wieder schlafen gehen“, sagt eine Nachbarin. Es ist nicht einfach, aber machbar. 17,5 Stunden Fastenzeit warten auf uns. Ich ahne die immer wiederkehrenden Fragen für die kommende Zeit: „Nicht mal Wasser darfst du trinken?“ Ja, nicht mal Wasser.

Ich stehe auf und will unser Abendessen vorbereiten. Mein Handy klingelt. Der Anruf wirft mich komplett aus der Bahn. Meinem Körper scheint es nicht gut zu gehen. Es sollen einige Untersuchungen gemacht werden. Es ist 18 Uhr. Meine ganze Planung gerät ins Schwanken. Aber meine Gesundheit geht vor. Bis auf das Fasten kann ich dennoch mein Vorhaben durchziehen.

Während der Fahrt lese ich im Social Media die Glückwünsche zum Ramadan-Beginn. Ein schönes Gemeinschaftsgefühl. Ich will so schnell wie möglich ein Teil davon werden. Ich verabschiede mich von meinem geliebten Mann und erinnere ihn daran, in der Nacht aufzustehen, was zu essen und zu trinken, auch wenn ich nicht da bin.