Rathaus fest in Weiberhand: Keine Chance für Kathstede

Unter lauten „Breetlook“-Rufen und mit schallendem „Helau“ haben die Narren in alter Tradition das Rathaus eingenommen.

Superman betritt den Rathausplatz, der Sänger der Hardrock-Band Scorpions, ein Hund und ein Polizist liegen sich in den Armen. Ein Cowboy prostet einer Hexe zu. Es wirkt schon etwas skurril, wenn Menschen aller Altersklassen vor dem Rathaus zusammen den "Flieger-Tanz" tanzen. Die spinnen, die Jecken, möchte man sagen. Von außen betrachtet, kann man sich nur fragen: Sind die denn alle verrückt? Sind sie nicht, es ist der ganz normale Wahnsinn an Karneval. Und der Wahnsinn hat Methode.

Hier heißt es nicht "Danke", nicht "Willkommen" und nicht "Zugabe". Hier heißt es "Helau". Es ist Altweiber in Krefeld. Trotz Eiseskälte huldigen die Narren ihrer Tradition. "Wir lassen den Dom in Köln", schallt es aus den Lautsprecherboxen. Krefeld braucht auch keinen Dom, jedenfalls nicht, um es krachen zu lassen.

Was es mit der Elf auf sich hat und woher Altweiber eigentlich kommt, weiß kaum jemand. Heike Canwult ist als Teufel verkleidet. Sie hat eine Idee: "Altweiber hat, glaube ich, etwas mit Winter austreiben zu tun." Die Dame neben ihr nennt es "die erste Frauenbewegung". Ursula Kiel und ihr Mann Bernd kommen aus Berlin und sind über Karneval zu Gast im Rheinland. Sie kommt der Sache schon näher. "Früher haben die Männer alles unter sich ausgemacht. Die Frauen wollten aber mitmischen." Werner Borkenhagen weiß es genauer: "Die Waschweiber haben sich zusammengetan. Altweiber heißt es, weil die ja alle alt waren", scherzt er. Bernd Kiel trägt heute zur Sicherheit keinen Schlips, sondern einen Schal. "Der wird aber nicht abgeschnitten", sagt er und greift sich schützend zum Hals.

Werner Krüger, Vorsitzender der Großen Karnevalsgesellschaft 1878 (GKG), sieht das etwas lockerer. Wenn es der Tag der Herren wäre, würde er es nicht anderes machen. "Ich würde auch mit den Jungs losziehen." Dass die Frauen heute die Oberhand haben, stört ihn nicht. Was genau es mit der Tradition von Altweiber auf sich hat, weiß er nicht genau. "Der Grundgedanke des Karnevals jedenfalls ist es, die Politik auf die Schippe zu nehmen."

Das stramme Programm läuft reibungslos: Der Auftritt der Großen Tanzgarde der GKG, die Begrüßung der Oppumer Prinzengarde, des Kinder-Karnevals Stahldorf und der Auftritt des Fanfaren Corps. Wer um 16.11 Uhr das Rathaus stürmen will, muss schließlich pünktlich auf die Minute sein.

Schon vor dem großen Sturm waltet der jecke Frohsinn. Gregor Kathstedes Bemühungen sind vergebens. Die Verstärkung aus Hüls, die Trinas rücken an. Und die kennen kein Pardon. "Türen zu!", verteidigt der Oberbürgermeister verzweifelt sein Würdenamt. "Dieses Rathaus ist meines!" Mit Porree bewaffnet unter lauten "Breetlook"-Rufen stürmen die Trinas das Rathaus. Ob Hüls oder nicht, alle halten zusammen. "Na gut", Kathstede muss einsehen, dass er gegen so viel Frohsinn keine Chance hat und gibt auf. "Dann setzen der Kämmerer und ich uns eben ab auf die Bahamas." Tja, denkt die Trina und wünscht einen guten Flug.