Reaktionen auf die GroKo: Von geschluckten Kröten und Hang nach rechts

Reaktionen der Krefelder Lokalpolitiker sind unterschiedlich. Für den OB bietet Vertrag Perspektiven für die Städte.

Foto: Andreas Bischof

Erleichterung auf der einen, Misstrauen auf der anderen Seite: In dieser Bandbreite bewegen sich die Reaktionen der Lokalpolitiker auf die Einigung zwischen SPD und Union, erneut eine Große Koalition (GroKo) eingehen zu wollen.

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„Erstmal ist es aus meiner Sicht grundsätzlich gut, dass sich die Verhandlungsführer von SPD, CDU und CSU jetzt geeinigt haben. Ich glaube, die Menschen erwarten von der Politik auch, dass sie Verantwortung übernimmt und zu einer Regierungsbildung kommt. Schließlich sind seit der Bundestagswahl viereinhalb Monate vergangen“, sagt Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD).

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Aus kommunaler Sicht könne man mit der Vereinbarung gut leben, die für die Städte durchaus Perspektiven bietet. „Persönlich bin ich auch der Auffassung, dass eine Koalition des ,Weiter-so’ für Deutschland keine wirklich gute Lösung sein kann. Gerade bei den gesellschaftlich wichtigen Themen Pflege, Rente und Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt bleibt die Vereinbarung hinter meinen Erwartungen zurück. Über Personen und Personalien kann man immer geteilter Meinung sein - das steht für mich aber nicht an erster Stelle. Die Inhalte sind entscheidend. Zunächst bleibt aber abzuwarten, ob die SPD-Mitglieder Ja zur Koalition sagen.“

„Es ist sehr gut, dass ein sehr langer, harter und schwieriger Weg zum Abschluss kommt“, sagt CDU-Kreisvorsitzender Marc Blondin. Eine handlungsfähige Regierung sei das Wichtigste, „auch wenn wir die eine oder andere Kröte schlucken mussten.“ Das Bundesfinanzministerium hätte er gern in CDU-Führung gesehen. „Aber ohne Kompromisse geht es nicht.“ Dass nun die SPD sich zur „Verantwortung für das Land“ durchgerungen habe, freut ihn. „Wenn die SPD-Mitglieder sich anschauen, was erreicht wurde, dann müssten sie dem zustimmen“, so Blondin.

Für SPD-Parteichef Ralph-Harry Klaer hat es bei den drei Partnern zwei starke Verhandlungspositionen gegeben, die der CSU und der SPD. Die CDU habe er nicht wahrgenommen, nicht beim Papier und nicht bei den Personen, die verhandelt haben. „Das finde ich symptomatisch. Der Koalitionsvertrag trägt sehr die Handschrift von SPD einerseits, und CSU andererseits, aber nicht von CDU. Damit ist es ein recht polares Schriftstück geworden.“ Klaer will in Krefeld keinen Einfluss auf die Genossen nehmen. „Jeder soll nach seinem Gewissen entscheiden und die Funktionäre keinen Einfluss darauf nehmen.“ Die SPD wird den 200 Seiten starken Vertrag in fünffacher Ausfertigung ausdrucken und den Genossen zum Lesen anbieten, außerdem wird es Info-Abende geben. „Das Abstimmungsergebnis der Genossen werde ich am Ende auf jeden Fall mittragen“, wie es auch ausgehen mag.

In der Bildungspolitik seien gute Ansätze zu finden, bei der Klima-, der Verkehrspolitik und den sozialen Fragen jedoch nicht, findet Karsten Ludwig, Sprecher der Krefelder Grünen. Noch größere Bauchschmerzen hat Ludwig beim Personal: „Ehrlich gesagt, finde ich es schwierig, wenn Horst Seehofer, ein Freund von Viktor Orbán und Sebastian Kurz, Innenminister wird. Ich befürchte eine weitere Verschiebung des politischen Diskurses nach rechts.“ Ludwig macht sich Hoffnungen, dass die SPD-Basis „diesem Trauerspiel ein Ende setzen wird“, indem sie den Vertrag ablehnt.

Die Skepsis gegenüber einem Bundesinnenminister Horst Seehofer teilt auch der SPD-Nachwuchs. „Da kommt eine Politik mit Hang zum rechten Rand auf uns zu“, so Krefelds Juso-Vorsitzende Stella Rütten. Ihre Sorge gilt auch der Parteierneuerung: „Wie soll das funktionieren, wenn der Parteivorsitz gleichzeitig ein Ministerposten in der Koalition bekleidet.“ Andrea Nahles habe es sich mit den Jusos durch ihren Auftritt auf dem Parteitag verscherzt. Inhaltlich sei das Ergebnis „nicht der große Wurf“, dennoch wird es für die eigenen Verbandsmitglieder kein Votum geben, beim Mitgliederentscheid mit Ja oder mit Nein zu stimmen.

Für die Junge Union (JU), dem Parteinachwuchs der Union, sei es wichtig, dass mindestens eines der CDU-geführten Ministerien in „junge Hände“ ginge. „Das wäre ein wichtiges Signal dafür, dass auch die CDU sich innerhalb der Koalition neu aufzustellen bereit ist“, sagt Tobias Stümges, JU-Kreisvorsitzender. Er begrüßt die Personalie Seehofer. Der Großen Koalition blieben knappe vier Jahre Zeit, um den Wählern zu beweisen, „dass sich die harten Verhandlungen und die Zugeständnisse gelohnt haben.“

Die Große Koalition sei gar keine große mehr, „in den Umfragen sind sie schon nicht mehr über 50 Prozent“, meint Hauke Finger, stellvertretender Kreisverbandssprecher der AfD. Die Einigung bezeichnet er als „ideenloses „Weiter so“. Dass die größte Oppositionspartei im Bundestag nun die AfD ist, sei „Ehre und Auftrag zugleich.“