Fünf Themen, die Krefeld nach der Wahl beschäftigen Rot-Grün oder Jamaika-Koalition? Wie es politisch weitergehen könnte

Analyse | Krefeld · Fünf Themen, die Krefeld nach der Wahl beschäftigen.

 2014

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Foto: wz/jochmann

1. Grüner Höhenflug: Ohne die Partei kann kaum regiert werden. Mit der doppelten Anzahl der Sitze von nunmehr 12 im neuen Rat fühlen sich die Grünen in ihrem politischen Handeln im Hinblick auf Umwelt, Klimaschutz, Verkehrswende und Stadtplanung bestätigt. Bis auf die AfD sind sie für Gespräche mit allen grundsätzlich offen. Ob Rot-Grün oder Schwarz-Grün-Gelb, ohne die Grünen findet sich keine Mehrheit. Dabei sind die zwölf Stimmen der Fraktion nicht unbedingt immer gesetzt. Mit Björna Althoff (Fridays For Future) und Rolf-Bernd Hechler (Initiative Freiraum Nordwest) sind zwei parteilose Krefelder für die Grünen in den Rat eingezogen. Ob sie sich bei Abstimmungen per se der Meinung der Fraktion anschließen, ist ungewiss. Am Montagabend sind in der Vorstandssitzung der Fraktion die ersten Eckpunkte der künftigen Ratsarbeit besprochen worden. Weitere Positionen werden inhaltlich bei der Klausurtagung im November diskutiert.

2. SPD: Die Mehrheit im Rat ist weg. Sie war allerdings erst zustande gekommen, nachdem Klaus-Dieter Preuß im Februar 2019 von „Die Partei“ hinübergewechselt war. Bis dahin lagen SPD und CDU mit je 20 Sitzen gleichauf. 2014 hatte die SPD 800 Stimmen mehr als die CDU erreicht – diesmal bekam die CDU 1405 Stimmen mehr als die SPD. Beide kommen auf 17 Sitze. Mit diesem Ergebnis können die Krefelder Sozialdemokraten aber offenbar leben. Denn man habe deutlich besser abgeschnitten als die SPD auf Landesebene, betont der Fraktionschef und kommissarische Parteivorsitzende Benedikt Winzen. „Ein paar Sitze mehr hatten wir erhofft“, räumt er ein. Für die neue Ratsperiode will er auf alle anderen im Rat vertretenen Parteien (mit Ausnahme der AfD) zugehen, um Themen und Inhalte miteinander zu vereinbaren. Er sei „hoffnungsvoll optimistisch“, das dies gelingt: Eine Zusammenarbeit mit Grünen (12 Sitze) und Linken (2) erscheint viel wahrscheinlicher als ein Bündnis zwischen CDU und Grünen. Ein Bündnis zwischen SPD und CDU hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Philibert Reuters im Wahlkampf ausgeschlossen.

3. CDU: Nach Prozenten stärkste Kraft im Stadtrat, aber ...

Sie ist die stärkste Kraft im Rat, hat mit 24 977 deutlich mehr Stimmen als die SPD mit 23 599, aber wie die Sozialdemokraten nur 17 Sitze. Um zu gestalten, braucht die CDU Partner. Da Frank Meyer als Oberbürgermeister vermutlich im Amt bleibt, verfügt die SPD im Rat dann über 18 Stimmen. Die CDU muss also bei einzelnen Projekten oder dauerhaft ein Bündnis schmieden, um Positionen durchzusetzen. Grüne und FDP könnten dabei helfen, eine Jamaika-Koalition also. Vor allem bei den Grünen sind die Vorbehalte dagegen sehr groß. Jamaika scheint wenig realistisch. Viel spricht deshalb dafür, dass der CDU letztlich nur die Rolle der Opposition bleibt. So wie zwischen 1989 und 1994, als der SPD-Oberbürgermeister Willi Wahl die Geschicke der Stadt bestimmte. Und auch anders, als in der Phase seit 2015, in der es faktisch eine große Koalition von SPD und CDU gab.

4. Regierungsoption Rot-Grün: Wo passt es, wo hakt es? Ziele im Umwelt- und Klimaschutz will auch die SPD in Krefeld voranbringen. So haben beide Seiten betont, das Fahrradnetz der Stadt ausbauen zu wollen. Aber: Unbezahlbar dürfe das für die Bürger nicht sein, betont der Fraktionsvorsitzende Benedikt Winzen. Das sei auch eine Frage der Gerechtigkeit. Weniger Individualverkehr in der Innenstadt sei ein gutes Ziel, das man aber nicht durch Verbote erreichen könne. Stattdessen sollen, so das Ziel der Sozialdemokraten, ÖPNV und Angebote wie Car-Sharing ausgebaut werden. Ganz klar spricht sich die SPD auch für das Interkommunale Gewerbegebiet mit Meerbusch und damit für die Schaffung neuer Arbeitsplätze aus – die Grünen sind ebenso klar dagegen, neue Flächen zu versiegeln. Wollen die Parteien tatsächlich miteinander Ziele vereinbaren, werden auf beiden Seiten Kompromisse notwendig sein.

Die von der SPD angekündigte Verkehrswende ist in den Augen der Grüne eine Nagelprobe. Hier müsse sich laut Fraktionsvorsitzender Heidi Matthias zeigen, wie ernst die Verkehrswende der SPD gemeint ist. Bei den Themen Innenstadt, im Sportbereich, bei der Kultur sind SPD und Grüne nahe beieinander. Und auch beim technischen, neuen Rathaus in der Innenstadt sind beide nicht weit auseinander.

5. Regierungsoption Jamaika: Wo passt es, wo hakt es?

CDU-Fraktionschef Philibert Reuters hat ein Jamaika-Bündnis als eine Option für Krefeld ins Spiel gebracht. Rechnerisch wäre das möglich, denn CDU (17), Grüne (12) und FDP (3) hätten mit zusammen 32 Stimmen die Mehrheit im Rat.

Inhaltlich scheinen die Hürden jedoch unüberwindlich hoch. Laut Reuters gibt es in den Bereichen Haushalt/Verwaltung sowie Sport und Kultur große Schnittmengen, die Jamaika zumindest projektbezogen realistisch erscheinen lassen. Tatsächlich könnte es bei den genannten Themen passen. Allerdings sind in diesen Bereichen auch die Unterschiede zwischen den Grünen und der SPD nicht sehr groß.

Keine Chance für Jamaika gibt es in den Bereichen Bauen/Planung und Verkehr. Während CDU und FDP große Baugebiete am Stadtrand und auch das interkommunale Gewerbegebiet an der A44 so schnell wie möglich vorantreiben möchte, stehen die Grünen hier auf der Bremse. Beim Zurückdrängen des Autoverkehrs in der City stoßen die Grünen bei CDU und FDP auf großen Widerstand.

Mehrheiten mit der CDU können sich die Grünen vorstellen bei den Themen Haushalt und dem Stadtbad Neusser Straße, wo das Schwimmen — im Gegensatz zur Position der SPD — zumindest eingeschränkt künftig wieder möglich sein sollte. Beim Thema Bauen ist man weit auseinander. Eine Zusammenarbeit ausschließlich mit der CDU ist für die Grünen deshalb nicht vorstellbar. Das hänge allerdings auch von den künftig handelnden Personen ab.