Schauspieler-Duo überzeugt Publikum
Rache lebendig interpretiert: Katalin Zsigmondy und August Zirner gestalten die Lesung zum Drama „Judith“ lebendig.
Cracau. „Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Mut“, begrüßt Schauspielerin Katalin Zsigmondy das Publikum in der Jüdischen Gemeinde. Sie spielt damit auf den Text an, der ihrer gemeinsamen Lesung mit August Zirner zugrunde liegt. „Judith“ von Friedrich Hebbel ist ein fünfaktiges Drama aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, das die biblische Geschichte von Judith und Holofernes mit umfangreichen Personal und Schauplätzen lebendig werden lässt. Auf einer leeren Bühne und zwei Stühlen sitzend gestalteten die beiden Schauspieler, die an diesem Ort schon mehrfach aufgetreten sind, das opulente Bühnenwerk als szenische Lesung. Innerhalb einer guten Stunde kann man das auf die wesentlichen Passagen gekürzte Stück erleben.
Im Mittelpunkt steht die klare und erstaunlich zeitlos wirkende Sprache Hebbels, der in dem Bibeldrama besondere Akzente setzt. Judith tritt hier nicht vorrangig als Befreierin ihres Volkes auf, sondern als Frau, die in der Begegnung mit dem Feldherrn Holofernes zwischen Hass und erotischer Anziehungskraft hin und hergerissen ist. Ihr wird bewusst, dass der Weg zu ihrer Tat, der Ermordung des Feldherrn, „durch die Sünde geht“. Sie schläft mit Holofernes, der in ihr nur ein Objekt seiner Begierde sieht, und schlägt ihm kurz darauf den Kopf ab.
Der Mord wird so zu einem persönlichen Racheakt Judiths gegen den Mann, dessen Faszination sie erlegen ist. Daher rechtfertigt sie ihre Tat am Ende mit den Worten: „Nichts trieb mich als der Gedanke an mich selbst.“ Die klug gekürzte Fassung des Stücks macht diese zentralen Konflikte deutlich sichtbar und lässt den Zuhörer bereits nach kurzer Zeit in das Stück eintauchen. Durch die feinsinnige und lebendige Interpretation der beiden Protagonisten stellt sich die nötige Vorstellungskraft wie selbstverständlich ein. Katalin Zsigmondy lotet die Facetten der Judith sehr differenziert aus, wirkt ebenso mädchenhaft wie von Hass getrieben. August Zirner verleiht dem Feldherrn durch seine manchmal beiläufig gesprochenen Sätze eine fast moderne Lässigkeit.
Sehr überzeugend gestalteten beide auch einige weitere Rollen, wie Judiths Magd Mirza oder der sie verehrende Ephraim. Auch die Nennung der Schauplätze und einiger Szenenanweisungen trägt dazu bei, das Werk lebendig erscheinen zu lassen.
Der Abend hat wunderbar gezeigt, dass man für ein intensives Literaturerlebnis nicht mehr als einen starken, zeitlosen Text und zwei sehr gute Schauspieler braucht. Unter den Voraussetzungen als Zuhörer Vorstellungskraft zu entwickeln, erfordert dann keinen besonderen Mut.