Urteil Sinan A. muss trotz Psychose nicht in Klinik
Das Landgericht sieht keine Gefahr für die Allgemeinheit und folgt dem Urteil der Verteidigung.
Krefeld. Einen psychisch kranken Menschen einzusperren, ist für gewöhnlich immer die Ultima Ratio der Gerichte und an strenge Voraussetzungen geknüpft. Vor allem muss dieser Mensch auch in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.
Ein 36-jähriger Mann, der im November 2013 vor einem Krefelder Gymnasium sexuelle Handlungen vorgenommen hatte, muss nicht in die geschlossene Psychiatrie. Das entschied am Dienstag die erste Große Strafkammer am Landgericht.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung des Krefelders in einem psychiatrischen Krankenhaus wurde abgelehnt. Mehrere Schüler einer siebten Klasse hatten ausgesagt, dass der Beschuldigte vor der Schule in seiner Hose herum hantiert hätte und nach Schulschluss einigen Mädchen hinterhergelaufen sei und auch dabei Onanierbewegungen gemacht habe.
Der Mann leidet an einer schweren Psychose, weswegen er zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war. Es blieb daher nur die Unterbringung als mögliche Repression. Allerdings darf diese Maßnahme nur erfolgen, wenn von dem Beschuldigten auch in Zukunft die Gefahr von erheblichen Straftaten ausgeht. Das Gericht sah das als nicht gegeben an.
Zwar seien Körperverletzungen möglich, diese würden sich aber nicht gegen die Allgemeinheit richten. Sie seien in der Vergangenheit erst einmal und dann nur im Familienkreis vorgekommen. Auch Sexual-Straftaten, die mit Übergriffen einhergehen, seien nicht zu erwarten.
Zwar können damit weitere exhibitionistische Taten nicht ausgeschlossen werden, allerdings rechtfertigen diese eher niedrigschwelligen Straftaten nicht, dass der Mann auf Dauer weggesperrt wird. Selbst den ursprünglichen Tatvorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern sah das Gericht nicht erfüllt. Dafür hätte es dem Beschuldigten gerade darum gehen müssen, dass die jungen Schüler ihn bei seinen Handlungen beobachten. Das könne ihm aber nicht nachgewiesen werden.
Ein psychiatrischer Gutachter hatte geschildert, dass der Beschuldigte zum Teil autistische Züge habe und in seiner eigenen Welt lebe und bei seiner Bedürfnisbefriedigung seine Umwelt überhaupt nicht mehr wahrnehme. Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Verteidigerin. Sie hatte eine Unterbringung als „unverhältnismäßig“ bezeichnet.