Wie wird 2019 für Krefeld?
Interview 2019 wird das Jahr des Dranbleibens und Abarbeitens
Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, Benedikt Winzen und Philibert Reuters, erörtern, wie es im neuen Jahr mit Seidenweberhaus, Grotenburg oder Stadthaus weitergeht und wie die Kommunalwahl ihre Zusammenarbeit verändert.
Philibert Reuters: Wir haben Ende 2018 wegweisende Entscheidungen getroffen. Nun wird es darum gehen, das, was wir beschlossen haben, mit der notwendigen Akkuratesse und dem notwendigen Tempo anzugehen. Krefeld hat zu lange darunter gelitten, ein Debattierklub zu sein. Deshalb ist es unsere wichtigste Aufgabe, jetzt nicht nachzulassen.
Benedikt Winzen: Nach den Grundsatzentscheidungen geht es jetzt um die Details. 2019 wird ein Jahr des Abarbeitens. Und das Jahr, in dem wir hoffentlich wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben, so dass wir auf absehbare Zeit aus dem Haushaltssicherungsgesetz herauskommen.
Wo wird der Umbruch im neuen Jahr sichtbar?
Reuters: Wahrscheinlich noch an keiner Stelle. Es geht jetzt um konkrete Planungen und um Ausschreibungen. Der Baudezernent spricht zum Beispiel beim Verwaltungsneubau auf dem Theaterplatz von vier Jahren. Mit Verlaub: Das ist uns nicht ambitioniert genug.
Winzen: Wir reden ja hier über Mammutprojekte, nicht über den Bau eines Ein-Familien-Hauses.
Dann lassen Sie uns die einzelnen Projekte durchgehen und über die konkreten Fortschritte in diesem Jahr sprechen. Wie geht es mit dem Seidenweberhaus beziehungsweise der großen Veranstaltungshalle in Krefeld weiter?
Winzen: Wir wissen jetzt, dass wir das Seidenweberhaus noch einige Jahre spielfähig halten müssen und dass ein Privater die neue Veranstaltungshalle betreiben wird. Wir haben bewusst offen gehalten, wo sie sein wird. Das Kesselhaus im Mies-van-der-Rohe-Businesspark ist eine Möglichkeit. Wie werden im ersten Halbjahr 2019 schauen, mit wem wir in die konkreten Gespräche gehen.
Wie aussichtsreich wäre ein Neubau am Theaterplatz?
Winzen: In meiner Wahrnehmung wird es die große Krefelder Veranstaltungshallen nicht mehr auf dem Theaterplatz geben.
Reuters: Ich möchte diese Variante für die CDU nicht ganz ausschließen. Auf dem Theaterplatz wird auf jeden Fall ein Neubau für einen Teil der Stadtverwaltung entstehen. Für die Zwischenzeit haben Sie 100 000 Euro für „Sofortmaßnahmen“ bereitgestellt.
Wie werden sich diese 2019 bemerkbar machen?
Reuters: Wir wollen mit dem Geld den Institutionen die Möglichkeit geben, zu überlegen, wie der Platz belebt werden, wie dort mehr Programm stattfinden kann. Das können Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen und vieles andere sein. Zugleich soll der Platz auch mehr gesäubert werden, und wir wollen im Zuge des Konzepts ,Handeln und Helfen‘ schauen, wo die Menschen, die heute den Platz prägen, an andere Stelle betreut und ärztlich versorgt werden können.
Werden wir im kommenden Jahr die Bagger in der Grotenburg rollen sehen?
Reuters: Wenn nicht, hätte die Stadt ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Wir haben schließlich den Beschluss gefasst, die Drittliga-Tauglichkeit herzustellen. Das sollte schnell geschehen, damit der KFC möglichst bald aus Duisburg zurückkehrt. Das ist sonst nicht gut für die Fan-Seele, und die Spieler vermissen die Grotenburg auch.
Was machen Sie, wenn der KFC im Sommer den Aufstieg in die Zweite Liga schafft?
Winzen: Ich bin sehr optimistisch, dass wir dann auch eine gute Lösung hinkriegen. Wir machen ja jetzt nichts, dass die Zweitliga-Tauglichkeit stört. Das ist ein mehrstufiges Verfahren, in dem die Drittliga-Tauglichkeit die Basis bildet. Und ich hoffe, dass wir mit dem Beschluss zur Sanierung auch eine Grundlage haben, um beim DFB eine Ausnahme zu beantragen, falls wir tatsächlich schon im Sommer in die Zweite Liga aufsteigen.
Aktuell gibt es 77 Leerstände in der Innenstadt. Wie wollen Sie dieses Problem angehen?
Winzen: Auf die Mietpreis-Entwicklung können wir leider keinen Einfluss nehmen. Wir können aber eine Plattform schaffen, damit sich die Händler austauschen können. Wir können für mehr Sauberkeit sorgen und die Innenstadt so attraktiver gestalten. Und wir können etwas tun, um laufenden Entwicklungen zu befeuern. So hat sich zum Beispiel der Platz an der alten Kirche zu einem gastronomischen Hotspot entwickelt.
Reuters: Politik kann und muss für den Handel den passenden Rahmen schaffen. Wir müssen gucken, wo die Kommunikation verbessert werden kann. Verwaltung und Handel sind in einem regelmäßigen Austausch. Aber ist das regelmäßig genug? Und ist das zielgerichtet? Wichtig ist auch: Dass manche die Innenstadt dermaßen schlecht reden, hat sie nicht verdient.
Sie haben mehrfach gesagt, dass Dranbleiben das Wichtigste in diesem Jahr ist. Das ist leicht gesagt, aber schwierig umzusetzen. Wie wollen Sie das organisieren?
Winzen: Wir haben einen Unterausschuss gegründet, damit sich mit den Beschlüssen nicht immer alle betroffenen Ausschüsse beschäftigen müssen, sondern wir die Entscheidungen bündeln und so die Grundlage für die schnelle Umsetzung schaffen können.
Eine passende Struktur ist wichtig, bedeutet aber nicht, dass die Vielzahl der Themen nicht trotzdem den Gesamtprozess verlangsamen. Wie wollen Sie dem vorbeugen?
Winzen: Durch Priorisierung. Priorität hat das Technische Rathaus, also der Neubau der Verwaltung. Wir haben im Moment sieben Standorte. Das ist unfreundlich für Bürger und Mitarbeiter, das verursacht unnötige Kosten. Das wollen wir so schnell wie möglich ändern.
Wenn jeder von Ihnen einen Wunsch frei hätte, der sich 2019 auf jeden Fall erfüllt, welcher wäre das?
Winzen: Ich wünsche mir, dass wir Klarheit gewinnen, was mit der zentralen Veranstaltungsstätte sein wird, und dass wir aufzeigen können, was im Stadthaus passiert. Das sollte kein Abriss sein, schließlich haben wir alles getan, um das Denkmal zu bewahren.
Reuters: Mein größter Wunsch ist, dass wir nicht unnötig Zeit verlieren. Außerdem wünsche ich mir, dass wir die geplanten Investitionen in die Schul- und Kindergarten-Landschaft umsetzen können. Und dass der zum Teil desolate Zustand unserer Straßen und Plätze beseitigt wird. Da können Erfolge schnell sichtbar werden.
All das Gesagte basiert wesentlich darauf, dass Ihre beiden Fraktionen zusammenarbeiten. Wie lange hält der politische Friede im neuen Jahr noch, wenn die Kommunalwahl näher rückt?
Reuters: Im Sinne der Fortentwicklung der Stadt möchte ich dafür werben, diese Zusammenarbeit in Projekten fortzusetzen.
Aber wenn sie einen Kandidaten fürdas Amt des Oberbürgermeisters nominieren, muss dieser sich doch auch profilieren. Wie soll das beides gehen? Oder verzichten Sie auf einen OB-Kandidaten?
Reuters: Ich habe den Eindruck, dass die Krefelder gerne eine Alternative hätten. Wir werden eine Persönlichkeit vorstellen, wenn wir denken, dass die Zeit reif ist. Das darf nicht zu früh sein, aber 2019 erscheint schon realistisch. Die Unterschiede zwischen CDU und SPD werden dann natürlich eine Rolle spielen, aber nicht so, dass wir nicht weiter zusammenarbeiten können.
Winzen: Es gibt genug Themen, über die man Wahlkampf führen kann und muss. Die Ergebnisse sind auch jetzt Kompromisse aus zwei Positionen. Aber wir werden nicht gewählt, um uns zu streiten oder beschimpfen. Uns eint der Gedanken, dass wir diese Stadt bestmöglich voranbringen wollen.
Reuters: Es ist einfacher, wenn man sich mag. Das Gegenteil lähmt Kommunalpolitik sehr — bis zur Bewegungslosigkeit. Bei Herrn Winzen und mir hilft zudem, dass wir beide Kaufleute sind. Wir wollen das Machbare ideal gestalten. Für das Unmögliche verschwenden wir keine Zeit.