Nach 40 Jahren Stadt Krefeld zieht sich aus der Schwimmausbildung zurück

Krefeld · Hunderte Kinder nutzen das Angebot der Angebot der Stadt Krefeld, um schwimmen zu lernen. Jetzt soll es eingestellt werden. Familien suchen Alternativen, Schwimmer kritisieren die Verwaltung.

Die Zahl der Nichtschwimmer wächst laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Die Schulen können das nicht auffangen, sagt Schwimmtrainer Thomas Nuyen. 

Foto: Jens Büttner/dpa????

Der Schock ereilte die Übungsleiter der Krefelder Schwimmkurse per Mail. Die Botschaft: Ab August stellt die Verwaltung entscheidende Teile ihrer Schwimmausbildung ein. Für die Trainer ist es schade um ihre Nebentätigkeit. Viele Krefelder Familien hätten damit ebenfalls ein Problem: Wer soll ihren Nachwuchs fit für das Wasser machen, wenn nicht Betreuer der städtisch koordinierten Kurse?

Derzeit organisiere die Stadt das Training für mehrere hundert Mädchen und Jungen, sagt Thomas Nuyen. Er ist seit mehr als 40 Jahren im Krefelder Schwimmsport involviert – zunächst als Leistungsschwimmer, dann immer wieder als Trainer im Kinderbereich bis hin zu Top-Athleten, gleichzeitig auch als Ausbilder von Trainern und Übungsleitern. Ein in der Szene bestens vernetzter Mann also, sein Sohn bringt dieser Tage Kindern in Uerdingen das Schwimmen bei.

Die Stadt verweist an Vereine und private Anbieter

Nuyen zitiert aus der Mail, die die Übungsleiter nun erhalten haben. Die Stadt kann demnach den administrativen Teil der Ausbildung ab August nicht mehr stemmen. Wegen einer langfristigen Erkrankung eines Mitarbeiters sei schon jetzt, ein Vierteljahr vorher, absehbar, dass der Fachbereich Sport und Bäder wegen Überlastung diese Leistung nicht mehr erbringen könne, berichtet Nuyen. Das bedeutet: Aufgaben wie die Annahme von Anmeldungen, die Zuteilung der Kursplätze sowie das Eintreiben der Teilnehmergebühren lägen künftig brach. Mehrere Kurse stehen folglich vor dem Aus.

Für Schwimmer Nuyen ist das Signal fatal. Er fürchtet, dass das Ausbildungssystem zusammenbricht. „Die Anfänger- und Förder-Schwimmlernkurse werden im kommenden Halbjahr seitens der Stadt nicht angeboten“, bestätigt ein Sprecher der Stadt auf Anfrage unserer Redaktion. Die Verwaltung bemüht sich um Alternativen. „Kursinteressierte Eltern werden zurzeit auf bestehende Angebote in Krefelder Vereinen, bei Hilfsorganisationen und privaten Anbietern hingewiesen“, heißt es.

Ob das ausreicht? „Die übrigen Ausbildungspartner, wie die Schwimmvereine, haben lange Wartelisten“, sagt Nuyen. Die wenigen kommerziellen Anbieter hätten nicht die Kapazität, die vielen Kinder zu betreuen. Außerdem seien viele Eltern nicht in der Lage, diese Kurse zu finanzieren. „Hier hat die Stadt Krefeld gegenüber ihren jungen Mitbürgern auch eine soziale Verantwortung“, sagt Nuyen.

Die Folgen für die Übungsleiter nennt er einen „Nebenschauplatz“. Dabei ist die Entscheidung auch für sie ein Ärgernis. Viele Trainer sind Schüler und Studenten, die ihre Ausbildung durch die Kurse mitfinanzieren.

Dass die Verwaltung die Ausbildung für den Schwimmnachwuchs aufgibt, ist überraschend, da Politiker in vielen Städten versuchen, das Training zu forcieren. Die wachsende Zahl an Nichtschwimmern gilt nämlich seit Jahren als Problem. Bei einer Befragung im Auftrag der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) gaben im Jahr 2017 nur 59 Prozent der Eltern an, dass ihre Sechs- bis Zehnjährigen sichere Schwimmer sind. Im Jahr 2010 waren es zumindest noch 64 Prozent. Das gehe mit einer kontinuierlich steigenden Todesrate durch Badeunfälle einher, sagt Schwimmer Nuyen. Die Schulen seien mit ihren wenigen zur Verfügung stehenden Schwimmstunden und dem immer noch vorhandenen Fachkräftemangel speziell in den Grundschulen nicht in der Lage, diese Misere zu beheben.

Die Stadt bemüht sich dennoch, Hoffnung zu vermitteln. Kurse in den Ferien oder Kindertagesstätten sollen zumindest weiter stattfinden. Schnellstmöglich soll zudem einsatzbereites Personal wieder für eine Normalisierung sorgen, verspricht ein Sprecher.

Krefelder Schwimmer dürfte diese Antwort kaum zufriedenstellen. Nuyen fordert: Die Stadt solle ihrer Verantwortung nachkommen und dafür sorgen, dass die Schwimmausbildung auch nach den Sommerferien weiterlaufen könne.