Stadtplanung: Impuls für Südwest-Stadt
Die Montag-Stiftung will in alte Samtweberei an der Lewerentzstraße und das Quartier Millionen Euro investieren.
Krefeld. Der Stadtteil zwischen Marktstraße und Hauptbahnhof hat keine gewachsene Identität und keinen Namen. Die Stadtplaner nennen ihn Südweststadt. Der Bürgerverein von 1898 trägt den diffusen Namen „Bahnbezirk“. Immerhin lebt der östliche Abschnitt der Lewerentzstraße mit dem Zusatz „Klein-Istanbul“ dank der multi-kulturellen Geschäftswelt dort.
Die Lebenssituation der rund 7000 Bewohner ist häufig belastet. 37 Prozent haben keinen deutschen Pass (im gesamten Stadtgebiet zwölf Prozent). 27 Prozent sind langzeitarbeitslose Bezieher von Sozialhilfe (SGB II). Auch diese Zahl ist mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtstadt mit zwölf Prozent.
Hoher Leerstand, verdreckte Straßen und höhere Kriminalität runden das Bild eines Problemstadtteils ab. Dabei hat dieser Teil der Stadt auch Glanzlichter wie den Alexanderplatz oder die schöne, historische Bausubstanz aufzuweisen.
Der Rat der Stadt wird sich am 6. Februar mit dem Stadtteil beschäftigen. Es soll über das Konzept der Bonner „Montag-Stiftung Urbane Räume“ zur künftigen Nutzung der früheren Samtweberei Scheibler & Peltzer (gebaut 1880 bis 1890) an der Lewerentz-/Tannenstraße entschieden werden. Zweifel daran gibt es kaum, da die Pläne der Stiftung weit über den ehemaligen Fabrikstandort hinausgehen. Die Stiftung will rund 7,5 Millionen Euro in das Projekt investieren.
Die Gebäude auf dem fast 7000 Quadratmeter großen Grundstück stehen teilweise unter Denkmalschutz und haben ein Nutzungspotential von insgesamt knapp 5000 Quadratmetern. Bis in die 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts liefen hier die Webstühle. Bis zum Jahr 2007 hatten Ämter der Stadtverwaltung hier ihr Domizil.
„Das imposante Backsteingebäude soll im Zuge des Stadtumbaus West nun zum Leuchtturm des Viertels werden“, betont Stadtplaner Nobert Hudde. Die Montag-Stiftung will unmittelbar nach dem Ratsbeschluss mit der Umsetzung ihres Konzeptes beginnen. Mit dem Samtweberviertel hat sie auch schon einen Namen parat. Entscheiden darüber werden aber, wie über alle anderen Nachbarschaftsprojekte auch, letztlich die Anwohner und Akteure.
Anfang Dezember hat dazu eine erste Iddeenwerkstatt mit rund hundert Teilnehmern im Südbahnhof stattgefunden. Eine weitere Runde, so kündigt Projektbetreuer Robert Ambrée von der Bonner Stiftung an, soll im kommenden Frühjahr stattfinden — den positiven Ratsbeschluss vorausgesetzt.
Dort soll weiter diskutiert werden über das zukünftige Lebensgefühl der Südweststadt, über konkrete Projektvorschläge, über passende Nutzungen und Nutzer für die Samtweberei und über Bedenken und mögliche Stolpersteine. Die vielen Anregungen werden in die weitere Entwicklung des Gesamtprojekts einfließen. Dafür wird die Stiftung bis 2020 jährlich Überschüsse aus der Vermietung der Hauptgebäude, rund 60 000 bis 80 000 Euro, für die Entwicklung des Gemeinwesens zur Verfügung stellen.
Birgit Causin begleitet für das städtische Planungsamt das Projekt. „Schon Mitte 2014 könnten erste Räume im ehemaligen Verwaltungsgebäude bezogen werden“, kündigt sie an. Dort waren bis 2007 städtische Ämter (Sport und Bäder, Schule, Rechnungsprüfung, Fundbüro) untergebracht.
Es soll für fünf Jahre auf fünf Ebenen mit fast 1000 Quadratmetern Nutzfläche als „Pionier- und Projekthaus“ von Gewerben, Vereinen, Freiberuflern, Kreativen und Dienstleistern für eine geringe Miete (drei bis fünf Euro) genutzt werden. Für die Instandsetzung kalkuliert die Stiftung rund 200 000 Euro ein.
Im daneben liegenden Torhaus könnten die 770 Quadratmeter als Nachbarschaftstreff, Gastronomie Büros und Wohnen dienen. Hier will die Stiftung rund eine Million Euro investieren. Causin: „Sechs Millionen an Stiftungsgeldern sollen in die beiden alten Gebäudekomplexe fließen. Ein breiter Mix aus 30 bis 35 unterschiedlich großen Wohnungen oder Büros sollen dort auf fast 3000 Quadratmetern Gesamtnutzfläche entstehen. Auch hier sollen künftige Nutzer schon jetzt in das Projekt einbezogen werden.“
Im Innenbereich sollen mehrere der alten Shedhallen mit Kellern und Anbauten abgerissen werden. Norbert Hudde: „Dort soll als besonderer Clou ein Nachbarschaftsgarten entstehen. Dort wäre auch Platz für eine Außengastronomie am Torhaus. Im südlichen Bereich bleiben Teile der Shedhallen bestehen. Sie können künftig als überdachter Spielplatz, als Werkhof, Veranstaltungsraum und für Stellplätze genutzt werden.“