Umwelt Retter mit Schaufel und Eimer
Linn. · Dieter Blatt ist einer von vielen ehrenamtlichen Helfern, die die Bürgeraktion Baumschutz Krefeld bei der Frühjahrswanderung der Amphibien unterstützen. Die WZ hat ihn bei seiner Arbeit begleitet.
Wenn es im Frühjahr sechs bis zehn Grad warm ist, regnerisch und dunkel, dann kommen sie in Scharen aus den Erdlöchern: Kamm-, Berg-, Teichmolche und Erdkröten. Ebenfalls am Start sind dann im Stadtgebiet viele ehrenamtlichen Helfer. Einer von ihnen ist Dieter Blatt – ein Mann der ersten Stunde von der Bürgeraktion Baumschutz Krefeld (BBK) in Linn.
„2002 wurde mit den Arbeiten zur Euroga in Krefeld (Anmerk. d. Red.: Eine Gartenschau in NRW und den Niederlanden) das größte bis dato gefundene Kammmolch-Aufkommen in Europa entdeckt“, erinnert sich Blatt. „Rund 5000 Tiere, die auf der Roten Liste für Artenschutz als gefährdet eingestuft sind, lebten im Greiffenhorstpark, im Gebiet der Burggräben, von Latumer Bruch und Kurkölner Straße. Es wurde als Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiet ausgewiesen. Das war für uns der Auslöser.“
Gruppe tat sich zuerst wegen Baumfällungen zusammen
Ursprünglich gründete sich die Bürgeraktion Baumschutz, um gegen – wie sie sagte – zu viele Baumfällungen im Zuge der Gartenausstellung zu protestieren. Der Molche nahmen sie sich im gleichen Zuge an.
„Wir haben ab 2004 Fangzäune gebaut, Eimer eingegraben, um die Amphibien dort einzufangen und haben sie in weiteren Behältnissen zu ihren Laichgewässern getragen. Das ist an der Ossumer Straße der Anglerteich“, sagt der 74-Jährige. Alles passiert, weil der Kammmolch in Nordrhein-Westfalen die seltenste heimische Molchart ist und als „gefährdet“ gilt. Autos sollen die kleinen Tiere bei ihrer Wanderung nicht töten. Die Ehrenamtlichen waren in jedem Frühjahr mit Engagement für Molch und Co. zur Stelle. Das bedeutet einen täglichen mehrstündigen Einsatz über zwei bis drei Monate hinweg.
„Unser Enthusiasmus bekam 2010 einen Dämpfer“, berichtet Blatt. „Da unsere Arbeit Jahr für Jahr kaum zu bewältigen war, wurde ein Tunnel unter der Kurkölner Straße geplant.“ Die Molche sollten selbstständig wandern können. 60 000 Euro wurden hierfür veranschlagt; ein entsprechender Eigenanteil der Stadt von 12 000 Euro war im Haushalt verankert. Die restlichen 48 000 Euro wollten Land und EU finanzieren. Doch mit 60 000 Euro haben die Verantwortlichen wohl viel zu niedrig gerechnet.
Denn ein Gutachter hatte festgestellt, dass ein artgerechter Durchlass, mit zwei kastenähnlichen Durchgängen und 350 Metern Länge, der auch einige Jahre Bestand hat, zwischen 120 000 und 150 000 Euro verschlingen und somit viel teurer werden würde. Die Krux war wohl, dass für den Tunnelbau sowohl der zur Entwässerung des Latumer Bruchs dienende Lohbruchgraben verlegt werden musste, als auch zwei Versorgungskabel. Fazit der an der Planung beteiligten Fachleute: Der Betrag stehe in keiner Relation zu den durchschnittlichen Fangzahlen an der Kurkölner Straße. „Gespräche, den Betrag angesichts leerer Stadtkassen zu drücken, waren gescheitert. Wir waren sehr enttäuscht“, sagt Dieter Blatt. „Seit dieser Zeit stellen Mitarbeiter des Nabu und des Umweltzentrums in Hüls im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde die Fangzäune an Kurkölner- und Ossumer Straße auf.“
Für die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Bürgeraktion bleibt noch genug Arbeit: „Wir sperren im genannten Zeitraum jeden Abend gegen 18.30 Uhr die Kurkölner Straße und den Lohbruchweg ab. Davon sind die Autofahrer, die zur Bezirkssportanlage oder zum Golfclub fahren wollen, nicht begeistert und reagieren äußerst ungehalten. Da muss ich viel Überzeugungsarbeit leisten“, erzählt Blatt. Morgens öffnet ein Mitarbeiter des Kommunalbetriebs Krefeld die Straße wieder, wenn er zur Arbeit fährt.
Danach geht Blatt die 15 Eimer entlang der Fangzäune ab, um die Tiere einzusammeln, die dort im Bemühen, eine Lücke im Zaun zu finden, entlang laufen und in die Behältnisse hineingefallen sind. „Eine Laubschicht schützt sie vor Elstern, aber auch vor der aufgehenden Sonne, bevor am frühen Morgen – zwischen sechs und 6.30 Uhr – weitere Helfer die Eimer überprüfen und auch diese Tiere sicher ins Laichgewässer bringen.“
Es passiere den Amphibien bei dieser Prozedur nichts, erklärt der Naturschützer weiter. „Die Männchen nutzen sogar die Gelegenheit und klammern sich am Rücken der Weibchen fest. Im Huckepack werden sie auch in den Teich getragen, wo sie dann laichen.“ Viele Tiere wurden in den 15 Jahren auf diese Weise schon gerettet.
Trotz aller Bemühungen, nimmt die Zahl der Tiere, die die Wanderschaft antritt, Jahr für Jahr ab. „Wir haben ein Formblatt, auf dem wir die Tiere angeben, nach Art, Alter und Geschlecht. Da ist es leicht ersichtlich. Denn wenn die Tiere im Spätsommer an ihre angestammten Plätze zurückwandern, schützt sie keiner. Es werden dann keine Fangzäune errichtet. Das ist zu teuer.“