Fischeln Die Macht der „Welle“ schwappt durch die Markuskirche
Die Jugend-Theatergruppe der Gemeinde führt das Stück über ein Schul-Experiment auf, das aus dem Ruder läuft.
Krefeld. „So, das ist der Moment, in dem sich der Regisseur verabschiedet. Toi toi toi!“ Christina Beyerhaus setzt sich auf einen der Stühle der Markuskirche, lehnt sich zurück, klappt ihr Textbuch auf. Hinter den Paravents, die den Altar verbergen, wird kurz getuschelt. Dann kann die Generalprobe der Jugend-Theatergruppe der Gemeinde beginnen.
Ganz harmlos fängt es an. Eine Lehrerin macht sich Gedanken über ihre Projektwoche. Später lümmeln die Schüler in ihrer Klasse in ihren Reihen herum, wissen nur mäßig Bescheid über das Thema Autokratie. Auch können sie nicht glauben, dass so viele Menschen einem Führer wie Hitler gefolgt sind und dass es so etwas wie das Nazi-Regime noch einmal geben könnte.
Die ehemalige hauptamtliche Jugendleiterin Christian Beyerhaus, die mittlerweile Theater und Schauspiel unter anderem an zwei Schulen in Moers und Willich unterrichtet, wollte immer schon mal „Die Welle“spielen, „auch weil es mich in der Schule mitgerissen hat“. Und auch die 13 Teenager der Theatertruppe an der Markuskirche, die unter anderem Stücke zum Thema Mobbing oder auch eine Kriminalgeschichte gezeigt haben, haben sich schnell für die Bühnenversion der „Welle“ von Reinhold Tritt begeistern können. Wie im Buch und dem Film mit Jürgen Vogel geht es um das Experiment an einer Schule, das zeigen soll, welche Macht eine Gruppe ausüben kann — und das dann aus dem Ruder läuft. Die Organisation „Die Welle“ entwickelt mächtiges Eigenleben.
Für ihre Aufführung am kommenden Freitag haben die jungen Mimen zwischen 13 und 18 Jahren allerdings auch einige Szenen umgeschrieben. In den Dialogen sind beispielsweise die Flüchtlinge aus Syrien Thema. Auch vor dem Hintergrund von Übergriffen auf Asylbewerber gewinnt das Stück zusätzlich an Aktualität.
Anderthalb Jahre haben die Schüler geprobt. „Das hat sich sehr verschoben, weil sie alle in den Schulen so eingebunden sind“, sagt Beyerhaus. Alle wollten Sprechrollen. „Und obwohl es ein hartes Stück ist, haben alle Spaß und haben sich gut in ihre Rollen eingefunden“, sagt die 40-Jährige.
So wie Mariam Koch, die als experimentierfreudige Lehrerin Sybille Ross besonders viel Text zu üben hatte. „Ich finde einfach beeindruckend, wie bedeutend auch heute noch eine schon vor so vielen Jahren entstandene Geschichte ist, gerade angesichts von Entwicklungen wie Pegida und Ähnlichem“, sagt die 18-Jährige. Überzeugend trifft sie als Sybille den richtigen Ton zwischen Zuckerbrot und Peitsche, als sie ihre Schüler in einer ersten Phase des Experiments auffordert, aufzustehen, wenn sie etwas sagen wollen.
Besonders wandlungsfähig muss Max Hehl seine Rolle spielen. „Es gibt eine sehr große Veränderung bei Robert“, erlebt der 14-Jährige seinen Part. Zu Beginn des Experiments ist er der Außenseiter, keiner seiner Mitschüler will etwas mit ihm zu tun haben. Bedauernswert, wie er mit herunterhängenden Armen und leicht angezogenen Schultern versucht, sich anzubiedern und Freunde zu finden. Erschreckend, wie er sich zum besonderen Vorzeige-Wellen-Mitglied entwickelt.
Bei der anderthalbstündigen Vorstellung am Freitag, 30. September, 19.30 Uhr, ist der Eintritt frei (Spenden sind willkommen). Eine Diskussionsrunde im Anschluss ist möglich.