Krefelder Adventsserie Als neun junge Männer dafür sorgten, dass Fischeln schneller als Rom war
Serie | Krefeld · Die 1855 errichtete Mariensäule im Krefelder Stadtteil Fischeln war eine der ersten ihrer Art. Das ist die Geschichte dahinter.
Was hat Fischeln mit Rom, München, Prag und anderen Metropolen gemeinsam? Es hat eine Mariensäule. Ja, die auf dem Marienplatz übertrumpft sogar die Muttergottes-Statue an der Spanischen Treppe in Rom in einer Hinsicht – sie wurde ein Jahr früher errichtet. 1855 war das, und daraus leiten nicht nur Lokalpatrioten wie Benedikt Lichtenberg, ihren besonderen Wert ab: „Sie ist eine der ältesten Mariensäulen im protestantisch geprägten Preußen des 19. Jahrhunderts und mindestens die älteste am Niederrhein“, sagt Lichtenberg, der Sprecher der „Freunde und Förderer für Heimatpflege und Schützenbrauchtum in der Bürger-Schützen-Gesellschaft 1451“ von Fischeln. Nun, selbst in Krefeld ist das nicht ganz unumstritten, stehen doch auch an der Dionysius-Kirche und in Uerdingen Mariensäulen.
Der frühere CDU-Ratsherr und Bezirksvertreter sorgt seit vielen Jahren als Stadtteilhistoriker dafür, dass die Geschichte Fischelns lebendig bleibt und weitergegeben wird, insbesondere mit seinen beliebten Historischen Stadtteilrundgängen, von denen er in diesem Jahr schon zwölf geleitet hat – auch und gerade für die Viertklässler der Fischelner Grundschulen. Seine Rundgänge startet er stets auf dem Marienplatz, zwischen der 1852 gebauten Marienschule und der Säule.
Der Marienkult begann spätestens im 4. Jahrhundert, war aber lange, insbesondere zur Zeit der Gegenreformation im 16. Jahrhundert, eher ein wichtiger Bestandteil der Volksfrömmigkeit als theologisch grundiert. Kein Wunder, kommt Maria in den Evangelien des Neuen Testamentes doch nur spärlich vor; an mancher Stelle scheint das Verhältnis von Jesus zu ihr nicht sehr herzlich gewesen zu sein. Bei Johannes zum Beispiel herrscht Jesus Maria auf der Hochzeit zu Kana einmal an, sie solle schweigen: „Weib, was habe ich mit dir zu schaffen“?
Heute spielt die Marienverehrung in der katholischen Kirche keine ganz große Rolle mehr, vor allem in Deutschland nicht – ist aber nach wie vor präsent und das nicht nur in den Statuen der Muttergottes wie in Fischeln. Großen Auftrieb bekam sie nach 1854, als Papst Pius IX. den jahrhundertealten Glauben an die unbefleckte Empfängnis Mariens zum Dogma erhob in der Bulle „Ineffabilis Deus“: Maria wurde von Geburt an „von aller Erbschuld unbefleckt bewahrt“. Auf seinen historischen Rundgängen erklärt Benedikt Lichtenberg dann stets, dass dies nicht zu verwechseln sei mit dem „Jungfrauen-Dogma“, wonach Maria vor, während und nach der Geburt Jesu immer jungfräulich blieb: „Das alles sagt heutzutage natürlich nur noch sehr wenigen etwas, 1854 war einfach eine ganz andere Zeit“, sagt Lichtenberg.
Und das zeigt sich schon darin, dass kein Bischof oder Priester die Initiative zur Errichtung der Fischelner Mariensäule ergriff, sondern ein Komitee aus neun jungen Männern, das Spenden sammelte, erklärt Lichtenberg. Seit 1821 war der Fischelner Friedhof auf dem Marienplatz, 1852/53 aber zog der um zur Eichhornstraße. Damit war der Weg frei zur Neugestaltung des Platzes mit Schule und Säule. Und tatsächlich bekamen die frommen Marienverehrer genügend Geld für den Bau der Muttergottes-Statue aus Udelfanger Sandstein zusammen. Und im Oktober 1855 gab auch der Gemeinderat des katholisch geprägten, ländlichen Fischeln seinen Segen zum Bau.
Wichtig war, dass der Blick von Maria auf ihrem Podest in Richtung der Clemenskirche ging. Viele Jahre lang war sie Teil der katholischen Feiern, vor allem bei der Fronleichnamsprozession wurde an der Station Mariensäule lange ein Altar aufgestellt. Heute ist der Marienplatz das gesellige Herz von Fischeln, hier wird gefeiert oder man trifft sich donnerstags auf dem Wochenmarkt. Seit vielen Jahren und bis heute pflegt und restauriert die St.Sebastianus-Bruderschaft Fischeln als Paten die Mariensäule.