Krefelder Adventsserie Einsam an den Weihnachtstagen? Was helfen kann

Serie | Krefeld · Gerade jetzt zu Weihnachten kann die Einsamkeit bei Menschen gefühlt größer sein als an anderen Tagen. Was dagegen zu tun möglich ist? Der ärztliche Direktor der Klinik für Psychische Gesundheit am Alexianer gibt Anregungen.

Chefarzt Dr. Renato Pejcinovic beobachtet, dass Einsamkeit ein Risikofaktor für psychische und körperliche Erkrankungen sein kann.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

„Hundert Jahre Einsamkeit“ ist ein Roman des kolumbianischen Schriftstellers Gabriel Márquez, von dem seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1967 weltweit über 30 Millionen Exemplare verkauft worden sind. Nicht von ungefähr ist kurz vor Weihnachten auf einem bekannten Streamingdienst dieser Weltroman neuverfilmt gerade als Serie angelaufen. „Einsamkeit ist in erster Linie ein subjektives Gefühl, das zu einem Risikofaktor für verschiedene psychische und körperliche Erkrankungen werden kann“, sagt Renato Pejcinovic, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychische Gesundheit am Alexianer. Gerade jetzt zu Weihnachten, als Fest der Liebe, Freude und des Friedens, kann die Einsamkeit bei Menschen gefühlt größer sein als an anderen Tagen. Was dagegen zu tun möglich ist? Der Facharzt gibt Anregungen.

Nach der Corona-Pandemie habe die Häufigkeit von Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen und Esstörungen – gerade bei Männern – zugenommen. Auch eine Zunahme von Suiziden sei seitdem zu beobachten. „Das hat möglicherweise auch mit der erlebten Einsamkeit während der Corona-Pandemie zu tun“, sagt Pejcinovic. Diese Beobachtung stützt auch eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse.

Die hat ergeben, dass sich vor allem junge Menschen wie auch die älteren Menschen einsam fühlten, verstärkt – auch hier – die Männer. Tendenz bei Jungen und Alten steigend. „Die Menschen zwischen 40 und 60 Jahre hingegen fühlen sich weniger einsam“, berichtet Pejciovic. Das mag an der Berufstätigkeit liegen und den größeren sozialen Kontakten in dieser Lebensphase.

„Allein zu sein, ist etwas völlig anderes als, einsam zu sein“, beschreibt Pejcinovic. Einsamkeit werde definiert als die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den bestehenden und den gewünschten sozialen Kontakten. Diese empfundene Ungleichheit könne sich auf die Qualität der Beziehungen wie auch auf die Quantität (wie die Anzahl der Gespräche pro Woche) beziehen.

Buchstabe Nr. 15 beim Krefelder WZ-Adventsrätsel ist ein „R“.

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Die Weichenstellung dafür werde schon in ganz jungen Jahren im eigenen Elternhaus gestellt, durch den gelebten Kontakt vor allem zur Mutter und zum Vater. Heutzutage kommt noch die digitale Welt hinzu. Wenn Eltern nur physisch anwesend sind und ansonsten ihre Aufmerksamkeit weitestgehend dem Internet widmen und nicht der Stärkung des Urvertrauens, verstärkt das Empfinden von Einsamkeit schon im Kleinkindalter.

Selber aktiv werden, kann
über die Festtage „retten“

Eine eigene Familie zu haben, ist vor allem an Weihnachten nicht unbedingt ein Garant gegen Einsamkeit. „Viele Menschen im Alter haben beispielsweise gar keinen Kontakt mehr zu Kindern und Enkelkindern oder sie wohnen zu weit weg“, schildert Pejcinovic. „Man selbst kann schauen, wo man sich Bewegungsräume schafft; was ist möglich.“ Ob jemand anderes im Haus, auch allein oder in der Nachbarschaft an Weihnachten ist, den man einlädt. Wer religiös ist, könne zu den besonderen Gottesdiensten und Messen gehen. Oder zu überlegen, mit wem man (noch) in Beziehung steht, um denen dann eine Grußkarte zu schreiben. Doch auch ein Bild und eine Erinnerung können helfen, im Inneren mit einer Person in Kontakt zu gehen.

„Wichtig ist es, für die Weihnachtstage eine Struktur zu haben“, sagt Pejcinovic. Den Tag zu ankern, wie er es nennt, selber für positive Momente zu sorgen: durch einen schönen Spaziergang, eine Sendung im Fernsehen oder Radio, die man sehen oder hören wolle, sich selber etwas Leckeres zu kochen. Wenn die Einsamkeit dennoch wie 100 Jahre auf einem lastet, helfen die Telefonseelsorge (0800/1110111) oder in Notsituationen das Krisentelefon der Alexianer (002151/653 52 53).