Nachdenkliches, Informatives und Unterhaltsames So war der Neujahrsempfang der evangelischen Kirche in Wuppertal
Wuppertal · Auf der Veranstaltung gab es Nachdenkliches, Informatives und Unterhaltsames zum Thema „Einsamkeit“.
Die gut besuchte Citykirche bot jetzt den passenden Rahmen für den Neujahrsempfang der evangelischen Kirche. Nachdenkliches, Informatives und Unterhaltsames zum Thema „Einsamkeit“ ging einem Gedankenaustausch in Verbindung mit einem kleinen Imbiss voran. Weil das Kirchenjahr – anders als das Kalenderjahr – bereits am 1. Advent beginnt, hatte die evangelische Kirche zum Neujahrsempfang geladen.
Der Einladung waren Bürgermeister, Honoratioren der Verwaltung, verschiedener Verbände, Vertreterinnen und Vertreter beider christlicher Kirchen auch aus den Nachbarkreisen Wuppertals sowie der muslimischen Gemeinde gefolgt, die jüdische Gemeinde ließ Grüße zum neuen Kirchenjahr übermitteln. Auch der ehemalige Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kranken- und Altenhilfe und der Polizeiseelsorge waren in die Citykirche gekommen.
Verschiedene Vorträge beleuchteten das Thema Einsamkeit
Superintendentin Ilka Federschmidt hieß die Gäste willkommen, nachdem der heiser-melancholische Klang des Saxophons, begleitet von einem Klavier, mit „Over The Rainbow“ auf den nachdenklich-informativen Teil des Empfangs eingestimmt hatte.
Bevor der inzwischen pensionierte Psychologe, Psychotherapeut und katholische Theologe Olaf Meier verschiedene Facetten des Themas „Einsamkeit“ beleuchtete, lud Pfarrer Jochen Denker zum „An-Denken“ ein. Alleinsein könne situationsbedingt durchaus ein Segen sein, biete die Möglichkeit, nach einem stressigen Tag den Rückzug in Stille und Ruhe anzutreten. Einsamkeit hingegen sei eine „Todeserfahrung mitten im Leben“, stimmte er mit seinen Gedanken auf das folgende, an manchen Stellen durchaus humorvolle Referat von Olaf Meier ein.
„Alles Leben ist Begegnung mit anderen, und die anderen, das sei Gott“, bezog sich Jochen Denker auch auf die Schöpfungsgeschichte, als es darum geht, dass Gott dem „Erdling“ Adam gegen die Einsamkeit ein Pendant geschaffen hat. Nur in der Begegnung mit einem Gegenüber sei es dem Menschen überhaupt möglich, das eigene Menschsein zu erkennen.
Moderator Thorsten Levin leitete den jeweils folgenden Programmpunkt ein und fragte Olaf Meier, der 27 Jahre als Telefonseelsorger in Mühlheim und Oberhausen gearbeitet hat, nach dem Auslöser dafür, sich mit einem Thema zu beschäftigen, von dem Meier selbst sagt, es sei eigentlich kein „Bringerthema“.
Entgegen der Vermutung, Einsamkeit sei vermehrt eine Folge der Pandemie, ließ Olaf Meier die Gäste wissen, dass er sich bereits seit 15 Jahren mit diesem Thema befasse. Inzwischen sei die Problematik der chronischen Einsamkeit in Abgrenzung zum Alleinsein oder auch zur selbst gewählten Einsamkeit aus der Tabuzone herausgeholt worden und Gegenstand intensiver auch wissenschaftlicher Betrachtungen.
Olaf Meier beleuchtete verschiedene Aspekte von Einsamkeit auch in Wechselbeziehung mit Erkrankungen und räumte beispielsweise mit dem Vorurteil auf, dass gerade ältere Menschen im Alter zwischen 60 und 75 Jahren besonders von Einsamkeit betroffen sind. Altersgruppen vorher und auch spätere Jahrgänge litten wesentlich stärker unter dem Gefühl. „Wenn Sie feststellen, dass sich jemand länger nicht meldet und zurückgezogen lebt, erkundigen Sie sich, ob es demjenigen gut geht!“, appellierte Meier eindringlich an die Gäste.
Der Prozess der Vereinsamung sei ein schleichender, das subjektive Empfinden noch immer schambehaftet. „Selten kommen die Menschen von sich aus und teilen ihrer Umgebung mit, sie seien einsam“, erläuterte er seine Erfahrungen als Psychologe und Therapeut. Er machte ebenfalls deutlich, dass der Mensch nur aufgrund seiner sozialen Intelligenz und seiner Konzeption als soziales Wesen in der Geschichte der Menschheit überlebensfähig war.
Er thematisierte genetisch bedingte Unterschiede in der Kontaktfähigkeit und Gemütslage der Menschen und identifizierte Krankheit, Armut, Arbeitslosigkeit und die Lebenssituation mit besonderem betreuerischen Engagement, wie es bei Alleinerziehenden und pflegenden Angehörigen typisch ist, als Indikatoren für eine besondere Gefährdung. Gesamtgesellschaftlich seien die Schnelllebigkeit, die zunehmende Individualisierung, die Digitalisierung und die Urbanisierung Gründe für die Vereinsamung von Menschen.