Krefelder Adventsserie In der Pfarrkirche St. Cyriakus gibt es für Besucher viel zu entdecken
Krefeld · Bei einem Rundgang durch die Hülser Pfarrkirche vom Hochaltar bis zu den Glocken gibt es viel zu entdecken. Die älteste Bewohnerin von St. Cyriakus hängt in mehr als 60 Metern Höhe.
Nach 167 Stufen und Absätzen ist Christina endlich erreicht. Die älteste Bewohnerin der Pfarrkirche St. Cyriakus hängt in mehr als 60 Metern Höhe und bringt stattliche 0,75 Tonnen auf die Waage. Gemeinsam mit sechs Kolleginnen und Kollegen (davon ist Bruna mit 2,87 Tonnen das Schwergewicht) bildet die Glocke aus dem Jahr 1356 das beachtliche Geläut der katholischen Pfarrkirche von Hüls. Eine achte Glocke ist im Dachreiter zu finden.
Spannend erzählen über die Glocken, die Architektur und Ausstattung von St. Cyriakus kann Martin Lothmann vom Kirchenvorstand. Der 71-Jährige nennt als Hobby eigene Stadt- und Kirchenführungen – und das nicht nur in Krefeld und Hüls, sondern zum Beispiel einmal in der Woche auch an St. Gereon in Köln. Er weiß also genau, wovon er spricht, wenn er mit Blick auf St. Cyriakus betont: „Neugotisch ist diese Kirche nicht zu toppen.“
Zur Entdeckungsreise durch das Gebäude gemeinsam mit Birgit Grupp vom Pfarreirat hat Lothmann ein siebenseitiges Handout mitgebracht, das alle Fakten rund um das Herz von Hüls auflistet. 1337 wird die Existenz einer Kirche im Ort erstmals urkundlich erwähnt, das heutige Kirchengebäude wurde nach diversen Zerstörungen von Vorgängerbauten durch Wetter und Kriege 1875 eingeweiht. Ein Teil der Ausstattung, darunter das Taufbecken von 1662, stammt aus der alten Kirche, die „Callixtusplatte“ unter dem Hochaltar sogar aus dem 3. Jahrhundert von einem Friedhof an der Via Appia in Rom. Die Schenkungsurkunde geht auf 1864 zurück.
Der mittelalterliche Kirchturm ist in Teilen ebenfalls erhalten, wenn auch gut versteckt: Er blieb beim Bau der neuen Kirche stehen und wurde lediglich ummauert, seine Schallarkaden sind von innen noch sichtbar. Insgesamt kommt der Turm nun auf eine Höhe von 75 Metern. Neben Christina und Bruna (von 1987) sind darin die Glocken Cyriakus (von 1647) sowie Petrus, Maria, Cäcilia und Johannes zu finden. Letztere stammen allesamt aus dem Jahr 1962, als ein neues Geläut geschaffen wurde. Zuvor musste der alte Glockenstuhl aus Eiche durch einen aus Eisen ersetzt werden.
Die 52 Fenster sind
äußerst sehenswert
Mit Martin Lohmann geht es wieder hinunter vom Turm ins Kirchenschiff, wo er viel zur Architektur erzählen kann. Gebaut wurde St. Cyriakus durch den Architekten Heinrich Wiethase als Hallenkirche (Seiten- und Mittelschiff haben die gleiche Höhe), die aber auch über Beichthallen, Arkadenzone und Obergaden verfügt – „wie bei einer Basilika“. Anders als dort gebe es aber keine Pultdächer der Nebenschiffe sowie nur Strebepfeiler statt Strebebögen. Zudem sei in der Kirche lediglich eine Fensterreihe zu finden. Die 52 Fenster spenden indes wunderbares Licht und sind äußerst sehenswert, so etwa die fünf im Hochchor von 1888 mit einer Höhe von zwölf Metern und ursprünglicher Farbverglasung oder die Fenster im südlichen Querschiff von Professor Gustav Fünders.
Die Ausmalung der Kirche stammt aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Hochaltar und die beiden Seitenaltäre sind dagegen zwischen 1881 und 1890 entstanden. Gerade in der Weihnachtszeit lohnt es sich, den Seitenaltären besondere Beachtung zu schenken. Sie sind Maria (Nordseite) und Josef (Südseite) geweiht, im Josefsaltar ist eine komplette Krippenszene zu entdecken. Eine Besonderheit gibt es auch am Hochaltar (Herz-Jesu-Altar): Eine Abbildung von Pfarrer Wilhelm Bartels aus der Bauphase der Kirche findet sich auf dem rechten Seitenflügel gleich hinter dem Bildnis des heiligen Benedikt Labre.
St. Cyriakus ist eine schöne, imposante Kirche und zieht viele Besucher an – und dies nicht nur zu den bekannten Konzerten auf der klangstarken Metzler-Orgel mit ihren 49 Registern und 3316 Pfeifen. Ehrenamtler sorgen dafür, dass das Gebäude montags bis samstags von 15 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr geöffnet bleibt. Interessierte kommen keineswegs nur aus Krefeld, wie die vielen Kirchenführer im Eingangsbereich verraten: In 15 Sprachen sind sie vorrätig, neben Deutsch und Englisch auch auf Chinesisch und Vietnamesisch – und natürlich auf Hölsch Platt.