Wilmendyk: Königin regiert im Altenheim
Eine Frau schießt beim ersten Schützenfest im Senioren-Zentrum den Vogel ab.
Krefeld. Aufmerksam schaut Wilhelm Schneiders rüber zum Schießstand. Mit einem "Plop!" schnellt ein Pfeil aus der Armbrust. Doch den Vogel verfehlt die Schützin. "Ich habe auch gerade geschossen. Daneben", meint der 74-Jährige und nippt an seinem Bier. Es nieselt etwas, doch das stört die 130 Bewohner des Senioren-Zentrums am Wilmendyk nicht, die bei ihrem ersten Schützenfest antreten, den Vogel abzuschießen.
Eingehüllt in ein gelbes Regencape verfolgt Schneiders im Rollstuhl das Schießen. Anfang der 1950er-Jahre sei er selbst Schützenkönig am Nieder- und Oberbruch in Fischeln gewesen. "Ich war gerade 20 Jahre alt. Wir hatten auch eine Armbrust, die mussten wir aber selber spannen." Die Idee eines Schützenfests im Altenheim findet er sehr gut. Eine schöne Abwechslung sei das alles.
Der Duft von gegrillten Würstchen erfüllt die Luft. Bäume, Sträucher und Geländer sind mit grün-weißen Röschen und Bändern geschmückt. Im Halbrund sitzen die Bewohner um die Armbrust, sie trinken sich ein Berchen und beobachten die Treffsicherheit ihrer Mitbewohner. "Die letzten 14 Tage herrschte hier richtig Aufregung", schildert Pflegedienstleiterin Silke Nachtwey. Die Bewohner bastelten die Röschen. Am Mittwochabend wurde die Reihenfolge der Schützen ausgelost.
"Die Bewohner wollen alle selber schießen", sagt Franz-Josef Susen von der Geschäftsführung. Mit Rollstühlen, Rollatoren oder mit dem Krückstock, wenn nötig, machen sich die Senioren auf ihren Weg zur Armbrust. Wer im Rollstuhl sitzt, kommt auf eine Palette, und per Hubwagen werden die Schützenbrüder und -schwestern auf eine Höhe mit Kimme und Korn gehievt. "Plop!" Wer nicht mehr alleine anlegen kann, hat einen "Paten".
Die ungewöhnliche Idee eines Schützenfestes im Altenheim keimte im Januar dieses Jahres auf. Das kleine Fest ist nicht nur eine Gaudi, sondern vor allem ein Programm gegen die Langeweile. In Gruppen bereiteten die Bewohner unter anderem die Dekoration vor. "Das haben sie mit viel Freude gemacht. Viele kannten das noch aus ihren alten Nachbarschaften", so Susen, der übrigens selbst Schütze ist. Die Armbrust stellen seine Schützenbrüder aus Borth bei Rheinberg, der Kugelfang kommt aus Straelen.
Im dritten Durchgang schoss Margarete Stünges, Jahrgang 1935, den Vogel ohne fremde Hilfe von der Stange. Die Freude ist entsprechend groß. Das Fest ging anschließend gemütlich weiter. Für Musik sorgten am Nachmittag die Inrather Fanfaren. Ab 16 Uhr startete dann der Gala-Nachmittag, und am Abend stand noch ein saftiger Spießbraten für die tapferen Schützen auf dem Speiseplan.