Bands bangen um ihren Bunker
Musiker fürchten den Abriss ihrer Proberäume. Der Betonbau gilt als Schandfleck.
Krefeld-Cracau. Für die einen ist er ein städtebaulicher Schandfleck, für die anderen ein zweites Zuhause: Am Hochbunker an der Oppumer Straße scheiden sich die Geister. Rund 20 Bands haben dort ihre Proberäume, Ruhestörung ausgeschlossen. Der Bunker hat so dicke Wände, dass sich jedes noch so laute Geräusch auf dem Weg nach draußen darin verliert.
"Es ist einfach der ideale Ort, um in Ruhe zu proben", sagen Oleg Guzenko, Sänger der Band Acoustic Rocks, und Christian Surkamp, Gitarrist bei New Damage. "Wir stören niemanden und haben einen Platz, um uns völlig frei zu entfalten", sagt Oleg weiter. Hinzu komme, dass die zahlreichen Bands untereinander vernetzt seien, sich austauschen und gemeinsame Events organisieren könnten. "Der Bunker ist sozusagen eine Kultur-Brutstätte."
Das allerdings könnte sich in absehbarer Zeit ändern. Im Frühjahr beginnt die städtische Wohnstätte mit dem Bau von rund 70 Wohnungen auf dem ehemaligen Nappo-Gelände. "Der Bunker ist aus unserer Sicht städtebaulich nicht attraktiv", sagt Geschäftsführer Thomas Siegert. Konkrete Pläne, ihn abzureißen, gebe es zwar derzeit nicht. "Aber wir werden uns zu gegebener Zeit mit dem Bund in Verbindung setzen", sagt Siegert. "Wenn der den Bunker zu für uns wirtschaftlichen Konditionen veräußern will, werden wir darüber nachdenken." Dies sei allerdings alles noch "Zukunftsmusik".
Siegert kann die Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehen: "Wir bauen jetzt erst einmal die Wohnungen auf dem Nappo-Gelände", sagt er. Erst danach werde man sich um das Bunker-Grundstück kümmern, das könne aber noch mehrere Jahre dauern.
"Der Bunker hat momentan keine Priorität, sonst hätten wir ja schon längst eine Anfrage beim Bund gestellt", sagt Siegert. Grundsätzlich ist er aber der Meinung, dass städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten nicht kategorisch blockiert werden sollten. "Wir müssen über neue Wege nachdenken, wenn wir die Stadt verschönern wollen."
Den grauen Koloss zu verschönern und ihn dadurch eventuell besser ins Stadtbild einzugliedern, kommt für die Wohnstätte nicht in Frage. "Wer soll das bezahlen? Außerdem ist das nicht unsere Aufgabe", sagt Siegert.
Das können wiederum die Musiker von Acoustic Rocks und New Damage nicht verstehen. "Das steht alles in keinem Verhältnis", sagen sie. "Der Abriss würde abertausende Euro kosten." Tatsächlich ist der Konstruktion aus tonnenweise Stahl und Beton wohl nicht mit einer simplen Abrissbirne beizukommen. Zum Vergleich: Der Abriss eines Hochbunkers in Wülfrath im vergangenen Jahr hat rund 350.000 Euro gekostet.
Mit der Ankündigung der Wohnstätte, dass man adäquaten Ersatz für die Proberäume im Bunker schaffen könnte, geben sich die Musiker nicht zufrieden. "Eine echte Alternative gibt es nicht", sagen sie. Und das liege nicht nur an den günstigen Mieten: "Der Bunker gehört mit der Kufa, dem Schlachthof und dem Magnapop zum kulturellen Bermudadreieck Krefelds", sagt Oleg. Viele Bands hätten dort den Grundstein für ihre Karriere gelegt - prominentes Beispiel: Blind Guardian. "Die Kultur ist hier in der Stadt sowieso schon auf dem absteigenden Ast", sagt Christian. "Man darf ihr nicht die Grundlage entziehen." Und zur Grundlage gehören in den Augen der Musiker geeignete Räume, in denen sie ihre Kunst entwickeln können.