Finanzamt: Behinderte vor verschlossener WC-Tür
Die Toilette für Behinderte ist abgeschlossen. Grund ist der Bakterienschutz.
Krefeld. Sabine Kienberger kann ihren Ärger kaum bremsen: "Das verletzt doch die Würde eines behinderten Menschen." Anfang April wollte die Krefelderin, die an Multipler Sklerose erkrankt ist, im Finanzamt an der Grenzstraße auf die Behindertentoilette gehen - und fand sie verschlossen vor. Ein Schild wies daraufhin: Den Schlüssel gibt es an der Rezeption. "Dann begann die Odyssee", berichtet sie.
An der Rezeption musste sie warten. Als sie an der Reihe war und nach dem Schlüssel fragte, sagte man ihr, den müsse sie sich in Zimmer 8 besorgen. "Wer es eilig hat - und das ist es bei vielen Krankheiten - der hat ein Problem", sagt Kienberger. Ihr selbst geht es trotz der Krankheit derzeit gut. "Aber mir geht es ums Prinzip. Ich will für behinderte Menschen ein Lanze brechen."
"Mir tut es leid, dass der Schlüssel an diesem Tag nicht da war. Normalerweise haben wir immer einen an der Rezeption", sagt Hans-Peter Ruthsatz, stellvertretender Leiter des Krefelder Finanzamtes.
Bei Sabine Kienberger wuchs der Ärger, als sie die Toilette einige Wochen später immer noch verschlossen vorfand. Ende Mai beschwert sie sich mit Dagmar Timmermanns, der Vorsitzenden des Ortsverbandes der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, in einem Brief an das Finanzamt.
"Den Brief haben wir erhalten, und dann sofort reagiert. Ich habe dafür gesorgt, dass der Schlüssel wieder an die Info-Theke kommt", sagt Ruthsatz. Er bedauert, dass die Toilette verschlossen ist: "Wir haben ein Behinderten-WC, weil bei uns auch eine behinderte Mitarbeiterin beschäftigt ist. Die Lösung mit dem Schlüssel ist ein Kompromiss, weil das WC wegen einer Gefährdung durch Bakterien abgeschlossen sein muss."
Laut Bauordnung müssen in öffentlichen Gebäuden Behindertentoiletten frei zugänglich sein. Die Regelung mit dem Schlüssel an der Theke dürfte dem Gesetz wohl genüge tun, sagte ein Sprecher des Sozialverbandes VdK.