Lindental: Eine Siedlung für die Ewigkeit?

Die Gemeinschaft Edelstahl und der Bürgerverein wollen den Charakter erhalten.

Krefeld-Lindental. Die Straßen heißen Schmelzergang, Arbeitsfrieden und Zum Eisenhammer. Die Lindentaler wohnen auch am Gießerpfad oder am Formerweg. Erinnerungen an die Stahlindustrie, die die Siedlung prägte. In den 30er-Jahren entstanden die ersten der verklinkerten Häuschen mit den großen Grundstücken. 1962 gab es die Auszeichnung als schönste Siedlung Deutschlands. Wer heute durch Lindental fährt, sieht auf den ersten Blick nicht viele Unterschiede zu damals - abgesehen davon, dass die Autos vor den Häusern moderner geworden sind.

"Wir sind stolz auf unseren Siedlungscharakter", sagt Norbert Kalwa, Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Edelstahl. Wenn es nach ihm und seinen Mitstreitern geht, soll der auch erhalten bleiben. "Aber es hat sich schon ein bisschen was verändert", erklärt Helmut Huppert, der seit 34 Jahren in Lindental wohnt. Neubauten sind hinzugekommen. Ein Holzhaus zum Beispiel. An anderen Stellen blicken die Siedler dagegen auf weiße Außenwände statt auf den gewohnten roten Klinker. "Wir sind doch tolerant, und schön sehen die Häuser ja aus, aber sie passen hier doch nicht hin", findet Huppert, und Kalwa pflichtet ihm bei. Die beiden fürchten, dass Lindental "etwas verloren geht".

Siedlergemeinschaft und Bürgerverein haben deshalb bei der Verwaltung eine "Erhaltungssatzung" für Lindental angestrengt. "Wir haben uns einfach ein paar Gedanken gemacht, wie man den Siedlungscharakter bewahren könnte", sagt Kalwa. Die Fassaden etwa dürfen auch bei Neubauten einen rötlichen Klinker bekommen. Für ein einheitliches Außenbild sollten Balkone ausschließlich zur Gartenseite angelegt werden. Und anstatt Zäune wünschen sich Kalwa & Co. Hecken, um die Grundstücke abzugrenzen.

"Das Holzhaus war wohl der Stein des Anstoßes, sich an uns zu wenden", sagt Markus Bernthaler, Abteilungsleiter im Fachbereich Stadtplanung, der gemeinsam mit seinem Chef Norbert Hudde zuletzt bei einem Infoabend Anfang Juli die Lindentaler über das Thema informierte. Rund 120 Leute waren gekommen, weit mehr als beim ersten Termin. "Es gab teils hitzige Diskussionen", so Bernthaler.

Denn im Vorfeld hatte es einige Irritationen unter den Anwohnern gegeben. Dazu hatte nicht zuletzt ein anonymes Flugblatt beigetragen. Von "großen Wertverlusten bei allen Eigenheimen" war dort zu lesen, von "beschnittenen Eigentumsrechten". Die Infoveranstaltung war in dem Aufruf zudem zur "entscheidenden Sitzung des Bürgervereins" deklariert worden. Eigentümer sollten unbedingt kommen, ein nachträglicher Einspruch sei nicht mehr möglich.

In dieser Hinsicht kann Bernthaler allerdings beruhigen. "Es ist noch längst kein Maßnahmenkatalog vorgestellt worden und es wird noch weitere Infoveranstaltungen geben." Sein Eindruck war, dass an diesem Abend die Idee einer Erhaltungssatzung von den Anwesenden überwiegend befürwortet wurde. "Aber es ist auch klar: Die Anwohner werden etwas eingeschränkt." Zum Beispiel würden vorher genehmigungsfreie Arbeiten, wie etwa der Einbau neuer Fenster, genehmigungspflichtig. Die Bürokratie spielt dann eine größere Rolle.

Norbert Kalwa betont auch: "Es soll ja nicht alles bleiben wie 1936. Die moderne Technik soll auf jeden Fall genutzt werden. Wir haben ja auch neue Bewohner hier, auch jüngere." Auch ihnen soll das Leben in einer Siedlung schmackhaft gemacht werden. Denn bislang, das räumt auch Kalwa ein, wohnen die meisten "Jungen" in der Siedlung eben nicht in den verklinkerten Häuschen, die die Lindentaler so lieben.