Linn genießt Schuster Rietzlers Heringsstipp
Der Bürgerverein lädt jetzt regelmäßig zum Essen ins Café Konkurs. Auf den Tisch kommen nur Gerichte vom Niederrhein.
Krefeld-Linn. Heringsstipp mit Pellkartoffeln. Schon der Name des Gerichtes lässt das Wasser im Mund zusammenlaufen. So ist es bei vielen alten Gerichten, die typisch sind für die niederrheinische Küche. Der Vorstand des Bürgervereins Linn lässt die Tradition aufleben und bittet an den Herd und zu Tisch. „Linn kocht“ heißt die neue Veranstaltungsreihe von Bürgerverein und -post, die mehr als regen Zuspruch findet.
Das Café Konkurs an der Issumer Straße ist voll besetzt, das Stimmengewirr nicht zu überhören. Halb Linn sitzt an den Tischen. „Der Titel ,Linn kocht‘ ist durchaus zweideutig gemeint“, erzählt Inhaber Hubert Jeck. „Wir kochen die alten Gerichte, ,kochen‘ aber auch bei einigen Themen, die den Stadtteil betreffen.“ Deshalb seien auch immer Kommunalpolitiker anwesend, um brenzlige Fragen zu beantworten.
Nachdem es beim ersten Treffen „Spieß mit falschem Kotelett“ gegeben habe — einige geben zu, zweimal zugegriffen zu haben — kommt nun „Schuster Rietzlers Linner Heringsstipp“ auf den Tisch. Karl-Heinz Rietzler von der Margaretenstraße hat mit tatkräftiger Unterstützung seiner Schwester Gisela Lüttges zum Messer gegriffen. Zum Probekochen kamen Koch Keld Matthiesen mit Hubert Jeck in die Küche an der Margaretenstraße.
Das Geschwisterpaar erzählt, dass der Heringsstipp früher oft zusammen mit den Nachbarn an einem großen Tisch gegessen wurde. „Weil der Hering teuer und die Geldbörse relativ klein war, wurden viele Gürkchen und Äpfel in den Stipp geschnitten. Manchmal wurde der Stipp mit Wasser gestreckt, denn es gab oft nur drei Heringe für fünf Mäuler“, erzählt Rietzler. „So wurden alle satt und auch das Miteinander wurde gepflegt. Es war ein richtig leckeres Resteessen in der Nachkriegszeit.“
Das Zusammensein gelingt auch im Café Konkurs. „Ich bin ein ,Linner Kind‘ und freue mich, hier Freunde zu treffen“, gibt Gerda Leppkes als Grund für ihre Anwesenheit an. Karl-Heinz Foncken weiß, dass es sich bereits herumgesprochen hat, dass es „Linn kocht“ gibt. „Das erste Gericht war total lecker.“ Martina Müller findet, dieses Essen passe gut in die Fastenzeit.
Theo Tilosen berichtet von der Freude, an diesem Abend Freunde zu treffen, und erzählt von den leckeren Heringen: „1950 wurde hier in Linn die Firma Johann Nauen gegründet. Angefangen hat dieses Unternehmen mit ,Eingelegten Heringen nach Hausfrauenart‘.“ Und dann greift Keld Matthiesen endlich mit dem Löffel in den großen Topf mit dampfenden Pellkartoffeln. Der Heringsstipp ist schon — hübsch garniert — auf den Tellern verteilt.
Rietzler stöhnt: „Gestern haben wir vier Stunden lang Kartoffeln gebürstet.“ Der Einsatz hat sich gelohnt: Die dampfenden tollen Knollen sind beinahe ebenso köstlich wie der Stipp selbst.