Bücherei Uerdingen: Vorlese-Prominenz zum 100-Jährigen

Feierstunde zum Jubiläum der Bücherei . Unter den Gästen: Kabarettist Wilfried Schmickler.

Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Im Flur des Pfarrheims St. Peter an der Oberstraße in Uerdingen liegen Kopien der „Todesanzeige“ des Geburtstagskinds aus. Seit elf Monaten ist die Bücherei Uerdingen offiziell tot, doch am Samstag feierten trotzige Buchfreunde den 100. Geburtstag ihrer geschätzten Einrichtung.

Wie es sich für einen Geburtstag gehört, gibt es reichlich selbst gebackenen Kuchen und viele kleine und große Gäste kommen. In ihrer Begrüßung kommt Susanne Tyll schnell zur aktuellen Situation: „Ich habe per Buschfunk von einem Auftrag an die GSAK erfahren, das Gebäude in Uerdingen zu räumen. Zehn Mitarbeiter sollen in zwei Tagen alles rausräumen, was noch in der Bücherei vorhanden ist.“

Sie fragt sich, wie in Zeiten des Nothaushalts ohne Notwendigkeit diese Aktion durchgeführt werden muss: „Die Dinge da drinnen stören keinen.“ Historische Fensterläden und alte Unterlagen drohten ebenfalls zu verschwinden.

Für den 100. Geburtstag hat der Arbeitskreis „Erhalt Bücherei Uerdingen“ zu einem Lesemarathon vom Nachmittag bis zum Abend geladen. Diesen starten Gerard Domhoff und Leandra Vardaxis (beide elf Jahre). Mit verteilten Rollen lesen sie das Märchen „Der gestiefelte Kater“. Zum ersten Mal sprechen sie vor Publikum und Mikrofon und meistern dies souverän.

Gerard freut sich sichtlich über den Eulen-Anstecker, den sonst nur die „Montagsleser“ bekommen. Doch für ihren Mut, den Lesemarathon zu eröffnen, gibt es neben den Eulen auch noch die Geburtstagsbecher.

Der Arbeitskreis freut sich nicht nur über die prominenten Vorleser — der Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler, Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein und Fantasy-Literat Bernhard Hennen —, sondern auch über das rege Interesse bei allen Generationen der Uerdinger. Von sieben bis 79 Jahre sind die angemeldeten gut zwei Dutzend Geburtstagsvorleser alt.

„Wir danken auch der Pfarrgemeinde für ihr Geburtstagsgeschenk, nämlich der kostenlosen Nutzung des Pfarrzentrums“, sagt Tyll. „Es haben uns viele Leute unterstützt“. Mit etwas Optimismus blicken nicht nur die Mitglieder des Arbeitskreises auf den Mai: „Wir hoffen, dass es mit der Kommunalwahl eine Veränderung im Denken gibt“, sagt Tyll. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

Die zentrale Lage der Bücherei sei ein Geschenk, und auch ihre Funktion als Treffpunkt sei wichtig. Dies alles ginge vor allem für Kinder, aber auch viele Senioren verloren, die sich aus verschiedenen Gründen nicht in die Straßenbahn setzen und nach Krefeld zur Mediothek fahren könnten.