Als die Lufthansa in Krefeld abhob

Genau vor 100 Jahren wurde die Basis für den „Fliegerhorst Crefeld“ gelegt. Ihm sollte nur ein kurzes Leben beschieden sein.

Foto: Stadtarchiv

Krefeld. In einer Kneipe begann die Geschichte des Luftverkehrs in Krefeld. Am 17. Februar 1915 lud die Stadt Krefeld 40 Grundstückseigentümer in die Wirtschaft Winkmann an der Dorfstraße in Verberg ein. Das Ziel: Gelände erwerben, um einen Flugplatz in Bockum zu verwirklichen. Doch die Bauern wollten ihre Felder nicht ohne weiteres verkaufen, so ist es beispielsweise im Buch „Unser Gartenstadt“ zu lesen. „Erst als der damalige Bockumer Pastor Nießen sich persönlich für den Verkauf einsetzte, kam es zu den Abschlüssen“, heißt es dort.

Vor genau einhundert Jahren wurden damit die Grundlagen geschaffen, um den „Preußischen Fliegerhorst Crefeld“ zu bauen. 1916 begannen die Bauarbeiten für den Flugplatz, der zunächst von der kaiserlichen Armee genutzt wurde. Rund hundert Hektar groß war das Gelände, auf dem die Militärfliegerstation errichtet wurde. Acht Flugzeughallen, eine Werft, eine Autohalle, eine Tankanlage und ein Eisenbahngebäude gehörten dazu.

1917 wurde er fertig und ging gleich ein Jahr später in fremde Hände über. Denn nachdem der Erste Weltkrieg beendet war, besetzten Franzosen und Belgier das Gelände. Sie blieben acht Jahre.

Danach begannen wortwörtlich zivilere Zeiten. In einem Tageszeitungs-Bericht vom 13. April 1926 heißt es am Tag nach der Landung des ersten Verkehrsflugzeugs der Deutschen Luft-Hansa — wie sie sich damals noch schrieb — und damit der Eröffnung des regelmäßigen Luftverkehrs Krefeld-Berlin: „Der Flug nahm bei schönem Wetter einen guten Verlauf. Bei früheren Flügen war Leopold schon mehrfach bis Dortmund gekommen, so daß ihm die Flugstrecke bis zum Rand des rheinisch-westfälischen Industriegebietes vertraut war. Von dort aus mußte er sich nach seiner Flugkarte orientieren. Dies geschah nicht ohne Schwierigkeiten, weil das ganze Gebiet von Kohlendunst überlagert war. Dennoch erfolgte die Landung nur mit wenig Verspätung.“

Um 19.25 Uhr landete am 12. April 1926 die Junkers F 13. Der Motor: 200 PS stark. Am Ruder: Pilot Leopold, der in Berlin um 2.45 Uhr gestartet war. Der damalige Beigeordnete Dr. Walter Mathias Beyer sprach laut Zeitungsbericht von diesem Tag als „Markstein für Krefeld im Zeichen des sich ständig entwickelnden Verkehrs“.

Mitte Mai lief der Flugdienst Krefeld-Essen-Berlin. Mit Anschlussstrecken nach Essen und Köln gab es Verbindungen mit 93 Flughäfen und 128 Flugverbindungen. Im ersten Jahr wurden 135 Passagiere transportiert. Nur drei Jahre später waren es bereits 882.

Die beförderte Fracht, die laut historischen Quellen zu einem großen Teil aus hochwertigen Erzeugnissen der Krefelder Samt- und Seidenindustrie bestand, die in erster Linie nach London und Paris geflogen wurden, stieg von 820 Kilogramm im Jahr 1926 in den ersten drei Jahren auf 15 095 Kilogramm. Wobei nicht verheimlicht werden soll, wie in „Krefeld, so wie es war“ von Ernst Köppen zu lesen, dass in den ersten Jahren Kisten voller Ziegelsteine transportiert wurden, um die Statistiken zu beeinflussen und im Vergleich mit den konkurrierenden Flughäfen vorne zu liegen.

Nach Jahren unter anderem mit dem Deutschen Luftsportverband für Sport- und Segelflieger wird auf dem Gelände ab 1934 eine Fliegerschule eröffnet, die drei Jahre später von der Luftwaffe übernommen wird. Die Stadt überlässt den Linienverkehr nun anderen. 1939 wird Bockum dann wieder Militärflugplatz - mit Ausbildungsstätte und auch zeitweise als Standort eines fliegenden Verbandes. Hier starten beim Westfeldzug Flugzeugverbände als Unterstützung der Bodentruppen. Ein Luftangriff der alliierten Gegenseite auf den Bockumer Flugplatz mit zehn Sprengbomben fordert am 2. Juni 1940 die ersten Krefelder Bombenopfer des Zweiten Weltkriegs. Ein Ehepaar in Bruchhöfe stirbt durch eine Bombe.

Die Geschichte des Krefelder Flugplatzes endet am 24. Februar 1945. Die Truppen vor Ort schätzen ihn angesichts der anrückenden Alliierten als nicht mehr zu halten ein. Ab 10 Uhr werden die Gebäude und anderen Flugplatz-Ausstattungen gesprengt. Nach drei Stunden ist alles nur noch Schutt.